Links von der AfD

Andreas Koristka über die Bemühungen der etablierten Parteien, Rechtsaußen-Wähler zurückzugewinnen

  • Andreas Koristka
  • Lesedauer: 3 Min.

Die etablierte Politik hat erkannt, dass sie die AfD-Wähler wieder für sich zurückgewinnen muss. Dafür ist ein Umdenken erforderlich. Denn die demokratischen Parteien haben in den letzten Jahrzehnten faschistische Positionen sträflich vernachlässigt oder konnten sie - wie die CSU - nicht genügend glaubhaft vermitteln. Die Bundestagswahl war die Quittung dafür. Jetzt sollte man sich vorsichtig jenen zuwenden, die sonst viel zu wenig Gehör finden. Jene, die unentgeltlich Ausländer hassen, denen aus lauter Wut über vergewaltigte Frauen der ein oder andere Lusttropfen entfleucht und die in ihrer kaum vorhandenen freien Zeit auch noch das hakenkreuzgefährliche Abfackeln von Flüchtlingsunterkünften bewerkstelligen.

Doch man sollte sich ihnen mit größter Vorsicht nähern. Denn Nazis haben zarte Seelen. Viele von ihnen sind empfindliche Kreaturen, die noch nicht einmal Nazis genannt werden wollen. Diese Klemmnazis muss man verstehen lernen und man sollte sie ernst nehmen, egal ob sie sich vorm Flüchtling fürchten oder davor, ein Glas Mischgemüse aus dem dunklen Keller zu holen. Jeder von ihnen ist ein Universum, mindestens aber ein Deutsches Reich in den Grenzen von 1939. Wer ein echter Demokrat ist, muss sie in den Arm nehmen und ihre schweißnassen Stirnen trocken küssen.

Warum Menschen die AfD wählen, lässt sich natürlich nicht ganz genau beantworten. Die Gründe sind mannigfaltig. Bei dem einen mag eine frühkindliche Traumatisierung schuld sein, ein anderer leidet unter einem Mikropenis, ein ganz anderer ist schlicht Sachse. Eigentlich wäre für jeden Einzelnen der Millionen AfD-Wähler eine Psychotherapie vonnöten. Mindestens müsste man sie aber bei der Hand nehmen, ihnen ein Eis und ein Landser-Heft vom Flohmarkt kaufen. Leider stehen den Alt-Politikern die dafür nötigen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung. Deshalb muss man sich auf andere Weise behelfen und sich inhaltlich auf die Nazis zu bewegen. Den sogenannten bürgerlichen Parteien fällt das prinzipiell leichter und Angela Merkel fuhr den gerechten Lohn der schärfsten Asylrechtssprechung seit Bestehen der BRD ein, indem ihre Partei im Vergleich zur letzten Bundestagswahl nur 8,7 Prozent verlor.

Eher linke Parteien tun sich dahingegen oft schwer mit dem Umarmen von Rechtsextremen. Da ist auch viel geschichtliches Ressentiment bei, denn viele Linke können den Nazis die Sache mit den Konzentrationslagern immer noch nicht verknuspern. Deshalb kann man dankbar sein, dass Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine einen guten Anfang machten, indem sie die verfehlte Flüchtlingspolitik ihrer Partei mitverantwortlich machten, dass die LINKE nicht mindestens 51 Prozent der Stimmen erhielt. Jetzt zieht auch Andrea Nahles nach. Die frischgekürte Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag möchte die Flüchtlingspolitik ihrer Partei verschärfen und schließt auch Grenzschließungen nicht mehr aus.

Dieses Zugehen auf AfD-Positionen ist ein ermutigendes Signal. Es war zwar während der Wahl schon so, dass die Flüchtlingsfrage unwichtige linke Seitenthemen wie die soziale Gerechtigkeit und Kapitalismuskritik wohltuend überlagerte. Aber man kann ja alles dafür tun, dass das auch in Zukunft so bleibt! Die wenigen Wähler der SPD und der Linkspartei, die vielleicht dann doch ein kleines Problem mit rechtsextremer Politik haben, können ja zukünftig der Wahl ganz fern bleiben. Es gibt in Deutschland (gerade in Deutschland!) nun mal kein Recht auf eine antirassistische linke Partei, die sich rechten Ablenkungsdebatten entzieht.

Es verhält sich sogar ganz anders: Franz Josef Strauß hat einst gefordert, dass es rechts von der CSU keine Partei geben dürfe. Das Credo der heutigen Parteien muss aber sein, dass es links von der AfD keine Partei geben darf. Wenn das eines fernen Tages bewerkstelligt ist, dann war der Kampf gegen Rechts erfolgreich.

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