Virtual-Reality-Katastrophentourismus durch Puerto Rico

Facebook-Chef Zuckerberg macht mit einer Katastrophentourismus-Aktion zu Puerto Rico Werbung für sein Virtual-Reality-Produkt / Immer noch zu wenig Hilfe für Karibikinsel

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Es war zur Hälfte Katastrophentourismus, zur Hälfte eine Werbeaktion für ein neues Facebook-Tool. Geschäftsführer Mark Zuckerberg und eine weitere Facebook-Mitarbeiterin haben am Montag die überfluteten Straßen von Puerto Rico besucht, virtuell.

In einem Livestream »teleportierten« sich die beiden in Form ihrer cartoonartigen »Avatare« auf die von Hurrikan Maria schwer getroffene Insel. Tatsächlich saßen beide bequem in den Büros ihrer Firma in Kalifornien und trugen Virtual-Reality-Brillen des neuen Facebook Tools »Spaces«. »Was wirklich magisch an Virtual Reality ist, dass man sich wirklich so fühlt, als sei man an diesem Ort«, so preist Zuckerberg sein neues Produkt vor dem zerstörten Puerto Rico als Kulisse an.

Der Facebook-Gründer erwähnte auch pflichtschuldig die Hilfe, die das soziale Netzwerk Puerto Rico zukommen lässt. Man habe 1,5 Millionen US-Dollar gespendet und arbeite mit dem Roten Kreuz zusammen, um Bevölkerungskarten zu entwickeln, damit die Helfer wissen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird.

Am Ende des kurzen virtuellen Besuchs, im Zuge dessen die Avatare der beiden durch die Straßen des US-Außengebiet »schweben«, welches seit drei Wochen ohne Strom ist, klatschen sich die beiden noch per »High Five« in die Hände. Dann geht es per Virtual Reality auf den Mond, wie der Guardian berichtet.

Am Mittwoch entschuldigte sich Zuckerberg für die im Internet als geschmacklos kritisierte Aktion. Er entschuldige sich bei allen, die das beleidigt habe.

Ende September hatte Facebook ein Team mehrerer Mitarbeiter aus dem »Connectivity«- Team auf die Karibikinsel geschickt, um bei der Wiederherstellung der Internetverbindung zu helfen. Das Forschungsteam hatte in der Vergangenheit eine Internetversorgung ländlicher Räume per Solardrohne getestet.

Auch andere Firmen nutzten die Katastrophe für »Corporate Social Responsability«-Werbung. Google, Verizon und Bacardi etwa spendeten jeweils Millionenbeträge und halfen wie etwa der Netzbetreiber Verizon durch die Aussetzung der Netzentgelte. Zusätzlich brachte eine »Guerilla-Armee« von privaten Helfern aus Florida und New York, wo viele Puerto Ricaner leben, Hilfslieferungen auf die Insel.

Bis Ende September hatte die US-Katastrophenschutzbehörde FEMA Mittel von 46 Millionen US-Dollar an Subunternehmer, die Hilfsdienste vollbringen, freigegeben. Letzte Woche zeigte sich Donald Trump – nach anhaltender Kritik über seine relative Ignoranz der Situation – auf der Insel und warf im Zuge seines vierstündigen Aufenthalts Papiertücher in eine Menge. Am Montag beklagte sich Trump auf Twitter, seine Bemühungen für die Insel würden nicht genug gewürdigt. Er war in den Tagen zuvor von der Bürgermeisterin von Puerto Ricos Hauptstadt San Juan scharf kritisiert worden.

Doch die Hilfe von Unternehmen, Privatpersonen und der US-Regierung ist offenbar insgesamt zu gering und verbessern die Situation auf der Insel nur wenig. Am Dienstag hatten laut Angaben der Regierung in Puerto Rico immer noch nur 63 Prozent der Puerto Ricanos Zugang zu fließendem Wasser und nur 16 Prozent hatten Elektrizität. Die Schäden durch Hurrikan Maria auf der Insel werden auf insgesamt 95 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das von Austerität geplagte US-Außengebiet mit seinen 3,4 Millionen Einwohnern hat über 70 Milliarden Dollar Schulden.

Laut einer Studie der internationalen Beraterfirma Deloitte hat übrigens offenbar nicht nur Facebook Werbung nötig für seine Virtual-Reality-Produkte. Die Technik wurde in der Unterhaltungsindustrie als wichtiger neuer Trend gesehen. Doch laut dem Deloitte »Globale Mobile Consumer Survey 2017« interessieren sich die Verbraucher kaum für die virtuelle Welt der VR-Brillen, ihre weltweite Verbreitung stieg im Vergleich zum Vorjahr nur um einen Prozentpunkt auf 3 Prozent. Das zentrale »Consumer Device« bleibe weiterhin das Smartphone, genau wie die Probleme in Puerto Rico, auch die sind nach Wochen weitgehend dieselben.

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