Erpressung per Inkassofirma

Thüringen will seine Landesbedienstete besser vor Tricks der »Reichsbürger« schützen

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Erfurt. Das Land Thüringen will Landesbedienstete künftig besser vor Klagen von »Reichsbürgern« schützen. »Eine finanzielle Gefährdung für die Bediensteten des Freistaats ist nicht länger hinzunehmen«, sagte Innenminister Georg Maier (SPD) am Dienstag laut Mitteilung. Deshalb sei der Erlass über den Rechtsschutz für Bedienstete geändert worden. Zuvor hatte die »Thüringer Allgemeine« darüber berichtet. In der Vergangenheit seien Landesbedienstete immer häufiger mit der sogenannten Malta-Masche von »Reichsbürgern« bedrängt worden. Dabei wird über ein Inkassounternehmen mit Sitz auf Malta eine Vollstreckung wegen erfundener Schulden gegen die Bediensteten des Landes erwirkt. Die Kosten für den Rechtsschutz in dieser Angelegenheit mussten die Bediensteten den Angaben zufolge oft selbst tragen. »Mit dieser Masche sollen Landesbedienstete verunsichert und finanziell geschädigt werden«, sagte ein Sprecher. Zu Beginn des Jahres waren dem Innenministerium 183 Fälle unberechtigter Forderungen von »Reichsbürgern« gegenüber Beamten bekannt. Die Forderungen reichten von 228,50 bis zehn Millionen Euro.

Der Freistaat springt künftig auch dann ein, wenn ein Gericht den Anspruch auf Kostenerstattung bei einem mittellosen »Reichsbürger« nach einem Prozess nicht durchsetzen kann und sich dann an einen Bediensteten wendet. Auch werden die Kosten übernommen, die für eine Zeugenvernehmung anfallen. Der Erlass gilt für alle Bedienstete unabhängig von ihrem Status.

Die »Reichsbürger«-Szene erkennt die Bundesrepublik Deutschland und ihre Gesetze nicht an und behauptet, das Deutsche Reich bestünde noch immer. Der Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, geht nach einem Zeitungsbericht davon aus, dass es bis zu 1000 »Reichsbürger« in Thüringen gibt. 650 Fälle sind den Angaben der »Thüringischen Landeszeitung« zufolge bestätigt, mehr als 300 in der Prüfung. »Wenn diese Prüfungen abgeschlossen sind, dann werden diese mehr als 300 Personen fast alle als ›Reichsbürger‹ geführt werden müssen«, zitierte die in Erfurt erscheinende Zeitung den Behördenchef. Sorgen bereite ihm auch die zunehmende Vernetzung der »Reichsbürger« in die rechtsextreme Szene in Thüringen, hieß es weiter. Hinzu komme, dass immer häufiger das Thema Waffenbesitz eine Rolle spiele. Zuletzt war das Waffenlager eines »Reichsbürgers« in Nordthüringen aufgeflogen.

Nach Angaben eines Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Szene sehr heterogen. »Die Betroffenen haben sehr unterschiedliche Motive und Ideologien«, sagte der Sprecher der dpa. Von ihnen gehe eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und insbesondere auch für Mitarbeiter von Behörden aus. »›Reichsbürger‹ machen sich einen Sport daraus, den Staat lahm zu legen«, sagte der Sprecher.

Kramer warnte auch vor einer Unterwanderung von Schützenvereinen. Es gebe konkrete Fälle, sagte er und erklärte: »Wir wollen und müssen hier aufklären, weil wir den Vereinen damit helfen und gemeinsam mit den Vereinen den Sport sauber und die Neonazis von legalen Waffen fern halten wollen.« nd/Agenturen

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