- Politik
- Prekäre Arbeit
Ein Job ist nicht genug
8,6 Prozent aller Beschäftigten haben mindestens eine Zusatzarbeit
Millionen Menschen hierzulande reicht ihr Job nicht zum Leben. Genau genommen waren es 3.178.133 Personen, die im März dieses Jahres mindestens zwei Arbeitsplätze hatten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der LINKEN im Bundestag hervor. Damit nahm die Zahl der Mehrfachbeschäftigten im vergangenen Jahr zu.
Im März waren es noch 121.182 Personen oder fast vier Prozent weniger, die nach Feierabend noch mal malochen gehen mussten. Vor zehn Jahren waren sogar noch eine Million Menschen weniger auf eine zweite Arbeit angewiesen als heutzutage.
Bei den meisten Mehrfachjobbern handelt es sich um Personen, die gleichzeitig einer sozialversicherungspflichtigen und einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. Ihre Anzahl lag im März bei fast 2,7 Millionen Beschäftigten. 311.131 Angestellte hatten sogar mindestens zwei sozialversicherungspflichtige Jobs.
Besonders viele Mehrfachjobber gibt es im Süden. In Baden-Württemberg haben 10,7 Prozent aller Beschäftigten mindestens zwei Jobs und in Bayern 10,3 Prozent. In Berlin hingegen, das nach Bremen die höchste Arbeitslosenrate in Deutschland ausweist, hatten nur 5,8 Prozent aller Beschäftigten mehr als einen Job. Der bundesweite Durchschnitt lag bei 8,6 Prozent. Dabei wurde in Ostdeutschland weitaus weniger doppelt gearbeitet als in Westdeutschland. Im Osten lag die Quote durchgehend bei unter sechs Prozent. Am niedrigsten war sie in Sachsen-Anhalt (vier Prozent).
»Für immer mehr Beschäftigte reicht das Einkommen aus einem Job nicht mehr aus«, kommentierte die LINKE-Fraktionsvize Sabine Zimmermann die Zahlen. Der überwiegende Teil dürfte aus purer finanzieller Not mehr als einen Job haben und nicht freiwillig. Nach wie vor seien viel zu viele Menschen arm trotz Arbeit.
Für Zimmermann steht fest: »Die scheidende Bundesregierung hat hier auf der ganzen Linie versagt.« So sei die Einführung des Mindestlohns nicht ausreichend gewesen, um Arbeit »wieder existenzsichernd zu machen«. Ihre Partei fordere deshalb eine Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro die Stunde und die Abschaffung der Ausnahmen. »Arbeit, von der man leben kann, ist das Maß der Dinge, dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen.«
Dabei kann nicht nur der zu geringe Lohn in Vollzeit ein Grund dafür sein, warum immer mehr Menschen mehrere Jobs brauchen. Andere verdienen noch weniger, weil sie nur Teilzeit arbeiten. Schließlich arbeiten zwar mit über 44 Millionen Menschen so viele wie nie zuvor hierzulande. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahm in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich auf derzeit knapp 32 Millionen zu. Doch 11,5 Millionen Personen gingen dabei laut dem Statistischen Bundesamt einer Teilzeittätigkeit nach. 11,2 Prozent von ihnen betrachteten die Teilzeitarbeit nur als Notlösung, weil sie keine Vollzeitstelle gefunden hatten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.