Ohne Erfolgstrainer auf die »erschreckend schnelle« Bahn
Kristina Vogel will bei der Rad-EM in Berlin drei Medaillen holen. Ihr ehemaliger Heimcoach wechselte wegen Perspektivlosigkeit nach China
An Siege sind Kristina Vogel und Miriam Welte gewöhnt, doch selbst die umfangreiche Erfolgsvita des deutschen Bahnrad-Traumgespanns hat Lücken. Bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften jubelte das Erfolgsduo bereits über Gold, im kontinentalen Vergleich warten Vogel und Welte dagegen noch immer auf einen Sieg im Teamsprint. Wenn an diesem Donnerstag für Vogel und Welte der Startschuss bei der Heim-EM in Berlin fällt, soll dieser Makel endlich behoben werden.
»Wir starten gleich am ersten Tag gemeinsam. Sollte für Miriam und mich dabei die ersehnte EM-Goldmedaille herausspringen, wäre das sehr schön«, sagte Vogel. Dreimal standen die 26-jährige Erfurterin und ihre langjährige Weggefährtin aus Kaiserslautern zwischen 2013 und 2015 dicht vor dem Sieg, dreimal reichte es im Finale nur zu Silber.
Der Heimvorteil im Velodrom an der Landsberger Allee, dessen Fahrbahn im 250-Meter-Oval komplett ausgetauscht wurde, soll die Chancen im Duell mit den mitfavorisierten Teams aus Russland, Frankreich und den Niederlanden erhöhen. »Es ist richtig geil, dass wir endlich wieder ein so großes Event zu Hause haben«, sagte Vogel. Den neuen Belag bezeichnete sie nach den ersten Trainingstagen als »erschreckend schnell«.
Auf schnelle Runden Vogels setzt der Bund Deutscher Radfahrer, der laut Sportdirektor Patrick Moster insgesamt »vier bis sieben Medaillen« anpeilt. Allein für drei könnte Vogel sorgen, die beim ersten Härtetest der Saison auch im Sprint sowie im Keirin zu den Podiumskandidatinnen zählt. In beiden Disziplinen ist die nd-Sportlerin des Jahres Weltmeisterin, dazu Olympiasiegerin im Sprint. »Ich möchte drei Medaillen. Am Ende muss man schauen, wie die Farben verteilt sind. Es ist nicht mehr so leicht wie früher«, sagte Vogel. Der Frauenradsport habe sich enorm entwickelt, das Leistungsvermögen der Rivalinnen sei schwer einzuschätzen.
Ihr Vorfreude auf die erste internationale Bahnradmeisterschaft in Berlin seit 1999 ist trotz der guten Aussichten aber getrübt. Vor rund zwei Monaten verlor Vogel in Tim Zühlke einen der Architekten ihres Erfolgs. Ihr bisheriger Heimtrainer am Thüringer Olympiastützpunkt ist nach China abgewandert.
»Wir haben alle ganz lange getrauert, wir haben mit Tim sieben schöne Jahre gefeiert. Es hat uns hart getroffen«, sagte Vogel, die den Abgang Zühlkes als Warnung für den deutschen Sport sieht. »Es macht einen sauer, wenn ein guter Trainer wegen Perspektivlosigkeit wechselt. Es sollte ein Weckruf sein«, sagte Vogel, die nicht mit Kritik an der Spitzensportreform sparte: »Am Ende merke ich nur: überall kürzen, kürzen und kürzen wir.« Das ärgere sie besonders, sagt Vogel, »wenn man sieht, wie es in anderen Ländern laufen kann und welche Erfolge dort geholt werden. Das ist ein bisschen deprimierend.« SID/nd
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