Daimler will Kronzeuge werden
Konzern hofft auf Nachlass bei möglicher Kartellstrafe
Stuttgart. Im Fall des Kartellverdachts in der deutschen Autoindustrie hat der Stuttgarter Daimler-Konzern bei den EU-Behörden einen Antrag auf Kronzeugenregelung gestellt. Das sagte Finanzchef Bodo Uebber am Freitag und bestätigte damit entsprechende Medienberichte aus den vergangenen Monaten. Details nannte er aber keine. Ob die EU-Behörden eine formale Untersuchung eröffneten, sei noch nicht klar, betonte Uebber. Der Stuttgarter DAX-Konzern hatte zuvor Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt und erneut ein Umsatzplus vermeldet. Kosten für eine Rückrufaktion und die nötigen Software-Updates bei Dieselfahrzeugen drücken aber auf den Gewinn.
Bei der EU-Kommission läuft derzeit eine Voruntersuchung dazu, ob sich die deutschen Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler unzulässig abgesprochen haben. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hieß es in Medienberichten, auch der VW-Konzern habe eine Art Selbstanzeige rund um den Kartellverdacht bei den zuständigen Behörden eingereicht. Laut der »Süddeutschen Zeitung« soll Daimler den Wolfsburgern aber zuvorgekommen sein.
Kronzeugenregelung bedeutet, dass derjenige auf den größten Nachlass bei einer möglichen Strafe hoffen darf, der zuerst mit den staatlichen Aufsehern kooperiert. Uebber sagte, Daimler sehe nach Rücksprache mit seinen Beratern derzeit keinen Bedarf für Rückstellungen. Volkswagen wollte die Angaben aus Stuttgart am Freitag zunächst nicht kommentieren.
Daimler profitiert derweil im Tagesgeschäft weiter von Bestwerten bei den Verkaufszahlen. Bei der Kernmarke Mercedes-Benz hatte der Stuttgarter DAX-Konzern das absatzstärkste Quartal überhaupt verbucht, auch die Verkäufe im Lastwagengeschäft legten wieder deutlich zu. Der Umsatz insgesamt stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um sechs Prozent auf 40,8 Milliarden Euro, wie Daimler am Freitag mitteilte. Zugleich reduzierte sich allerdings der Gewinn vor Zinsen und Steuern um 14 Prozent auf rund 3,46 Milliarden Euro.
Derweil hat die die EU-Kommission im Zuge der Kartellvorwürfe Mitarbeiter zur Prüfung in die Münchner BMW-Konzernzentrale entsandt, wie ein Sprecher des Autoherstellers am Freitag mitteilte. Ein formelles Verfahren habe die Kommission nicht eingeleitet. Die Mitarbeiter hätten eine sogenannte Nachprüfung durchgeführt, BMW unterstütze die EU-Kommission bei ihrer Arbeit. Laut BMW wirft Brüssel dem Unternehmen aber keine Verwicklung in die Abgasaffäre vor. dpa/nd
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