Aufwind im zweiten Anlauf

Neuordnung im Luftverkehr - Europas Airbus schnappte sich Bombardier in Kanada

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Der westeuropäische Flugzeugbauer Airbus steigt mit einem Mehrheitsanteil in das C-Series-Programm des kanadischen Herstellers Bombardier ein. Es war höchste Eisenbahn für den Mischkonzern, denn dass es um dessen Bahngeschäft denkbar schlecht steht, spüren derzeit gerade die Beschäftigten an den deutschen Standorten. Bereits im Herbst 2015 blickte Bombardier in den wirtschaftlichen Abgrund. Damals suchte der Konzern einen Käufer für sein neues Flugzeugprogramm. Allein - niemand wollte die neue C-Series kaufen. Auch Airbus nicht. Die Provinz Quebec stieg als Aktionär ein und sorgte dafür, dass die Entwicklung der Jets weiterging. Mit fast drei Jahren Verspätung und sechs Milliarden Dollar Kosten gingen Maschinen der C-Series 2016 beim Erstkunden Swiss an den Start.

Mittlerweile zeigt Airbus doch Interesse. Man wird 50,01 Prozent einer gemeinsamen Gesellschaft zur Produktion und Vermarktung halten. 31 Prozent bleiben bei Bombardier, die bisher beteiligte staatliche Investmentgesellschaft von Quebec ist mit rund 19 Prozent weiter im Rennen.

Das Geschäft werde schuldenfrei übergeben, Geld müsse nicht fließen, heißt es. Airbus-Chef Thomas (Tom) Enders nennt den Bombardier-Mittelstreckenjet »ein großartiges Flugzeug«, das jedoch jemanden wie Airbus brauche, »um seine Flügel rund um die Welt auszubreiten«. Viele Kunden hätten bislang gezögert, weil sie nicht sicher gewesen seien, was die Zukunft des Programms angehe. Die Vereinbarung zwischen Airbus und Bombardier dürfte Vertrauen schaffen und nach Angaben der Unternehmen die Herstellungskosten der C-Series-Flugzeuge deutlich verringern. Das Verkaufsargument ist nicht von der Hand zu weisen.

Der Sitz des neuen Gemeinschaftsunternehmens C Series Aircraft Limited Partnership (CSALP) ist im kanadischen Quebec. Hier wird auch produziert. Allerdings wollen Airbus und Bombardier die Endfertigung der für den US-Markt bestimmten Maschinen künftig in den US-amerikanischen Bundesstaat Alabama verlegen, wo Airbus bereits ein Werk hat. So will man die angedrohte 80-prozentige Anti-Dumping-Steuer sowie einen Ausgleichszoll von 220 Prozent umgehen, den die US-Regierung ursprünglich gegen Maschinen der C-Series verhängen wollte.

Hintergrund: Die US-Fluggesellschaft Delta Air Lines wollte über einhundert CS100-Jets bei Bombardier kaufen, was Boeing gar nicht gefiel. Der US-Flugzeugbauer und schärfste Airbus-Konkurrent beschwerte sich in Washington über staatlich subventionierte Preise bei der C-Serie. Natürlich machte sich die Trump-Adminis-tration stark gegen die Flugzeuge aus dem Ausland. Delta war drauf und dran, vom Geschäft zurückzutreten. Was nicht mehr nötig ist, wenn die CSALP-Strategie aufgeht.

Bombardier ist vor allem für Geschäfts- und Regionaljets bekannt. Nun geht es in Richtung Mittelstrecke. Die CS100 kann bis zu 125 Passagiere aufnehmen, die größere CS300 bietet knapp 40 Plätze mehr. Die Jets haben eine Reichweite von 4000 bis 5400 Kilometern. Die Getriebefan-Triebwerke von Pratt & Whitney sind leiser und sparsamer als vergleichbare Motoren.

Mit den beiden Typen wollte man die Mittelstreckenmuster Airbus A320 und Boeing 737 »von unten« angreifen. Der Gegner Boeing bleibt, doch will man mit Airbus-Hilfe nun vor allem Maschinen anderer Hersteller vom Himmel fegen. Beispielsweise die aus der erfolgreichen brasilianischen Embraer-Familie. Auch die russische Irkut-Kooperation, die sich anschickt, auf dem Weltmarkt Fuß zu fassen, lässt sich durch die Bombardier-Erzeugnisse leichter ausstechen. Zugleich verhindert man, dass Comac aus China und der japanische Mitsubishi-Konzern demnächst vergleichbare Produkte in nennenswerten Stückzahlen vermarkten können.

Ob es mit Bombardier reicht, dass Airbus die Führung auf dem globalen Flugzeugmarkt übernimmt, bleibt abzuwarten. Noch sitzt der Weltmarktführer in Seattle. Boeing erlöste 2016 bei zivilen Flugzeugen 65,7 Milliarden Dollar. Im Militärgeschäft kam man auf 29,5 Milliarden Dollar. 2016 stehen bei Airbus 70,8 Milliarden Dollar in den Büchern, 52,4 Milliarden kamen durch den Verkauf von Verkehrsflugzeugen rein.

Bei aller Neuordnung auf dem Luftverkehrsmarkt kann man eines nicht leugnen - bei Jet-Triebwerken beherrschen zwei Hersteller den Markt: General Electric und Pratt & Whitney. Beide haben zwar Kooperationspartner in Europa, aber der Vertrieb wird aus den USA gesteuert. Das bedeutet, hier ist man Herr über Stückzahlen, Preise und Liefertermine.

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