- Wirtschaft und Umwelt
- Naturschutz im Wattenmeer
Ein Schatz aus Schlick und Sand
Vor 20 Jahren wurde der multinationale Plan zum Schutz des Wattenmeeres verabschiedet
Es ist die weltweit größte zusammenhängende Fläche aus Schlick- und Sandwatt: das Wattenmeer an den Küsten Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande. Um das einzigartige, gezeitenabhängige Feuchtbiotop zu schützen, verabschiedeten die drei Anrainerstaaten am 22. Oktober 1997 im niedersächsischen Stade einen gemeinsamen Plan, den sogenannten Trilateralen Wattenmeerplan.
Das Abkommen ist die Konsequenz aus einer bereits 1978 begonnenen Zusammenarbeit zwischen den Ländern. In den ersten Jahren habe es ein Defizit gegeben, sagte der Leiter des WWF-Wattenmeerbüros, Hans-Ulrich Roesner, der auch bei der Verabschiedung 1997 dabei war. Es habe kein Dokument gegeben, in dem gemeinsame Ziele und Maßnahmen gebündelt waren. Dieser Rahmen für ein integriertes Management wurde mit dem Trilateralen Wattenmeerplan geschaffen. 2010 wurde der Plan aktualisiert.
Das als UNESCO-Weltnaturerbe anerkannte Gebiet umfasst 11 500 Quadratkilometer. Neben der reinen Wattfläche gehören zahlreiche andere Lebensräume wie Dünen, Salzwiesen, Marschflächen und Sandbänke zur Schutzzone. Einzigartig ist die große Vielfalt des Wattenmeeres mit etwa 10 000 Arten. Allein die Salzwiesen beherbergen rund 2300 Pflanzen- und Tierarten, die marinen und brackwasserhaltigen Zonen 2700 weitere Arten. Zu den Säugetieren zählen Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale. Im Schlick leben Muscheln und Krebse, Faden- und Strudelwürmer. Das Watt ist Laichplatz von Meeresfischen wie Scholle und Seezunge. Das große Nahrungsangebot macht das Wattenmeer unentbehrlich als Zwischenstopp für Zugvögel.
In welchen Bereichen sind die Wattenmeer-Länder aktiv geworden? Insgesamt wurden zehn Zielkategorien festgelegt: Landschaft und Kultur, Wasser und Sediment, Salzwiesen, Tidebereich, Strände und Dünen, Ästuare (das sind die Flussmündungsbereiche), Offshore-Zone, Ländliches Gebiet, Vögel sowie Meeressäugetiere. Im Plan wird für jede Zielkategorie eine kurze Beschreibung gegeben, die Situation bewertet und das weitere Vorgehen überlegt.
»Hätte es den Plan nicht gegeben, dann wäre das Wattenmeer 2009 nicht UNESCO-Weltnaturerbe geworden«, ist WWF-Mann Roesner überzeugt. Ähnlich äußert sich Rüdiger Strempel, Exekutiv-Sekretär des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats. Und: »Sofort in den Sinn kommt einem die Robbe«, sagt er. Mittlerweile sei nicht nur die Seehund-Population wieder gewachsen, auch die Kegelrobbe habe sich aus Großbritannien kommend wieder angesiedelt. Im Bereich der Salzwiesen habe sich ebenfalls viel getan. Außerdem sei auf Grundlage des Wattenmeerplans ein trilaterales Monitoringprogramm entwickelt worden. Auf dessen Basis wird in Berichten der ökologische Fortschritt reflektiert, wie Strempel sagt.
Doch sind alle Ziele erreicht worden? Im Vogelschutz falle die Bilanz gemischt aus, sagt Strempel. Bei 18 von 29 Brutvogelarten zeige sich ein negativer Trend, und »wir wissen nicht warum«. Naturschützer Roesner sagt, es seien riesige Erfolge erzielt worden, aber es gebe noch genügend Baustellen. So sei die Unterwasserwelt aus seiner Sicht nicht ausreichend geschützt, nach wie vor gebe es Gas- und Ölförderungen. Zudem halte die Einschleppung invasiver Arten an. Auch beim Thema Fischerei sieht Roesner noch Konflikte.
Eine der größten Herausforderungen für das Wattenmeer, seine Natur und die dort lebenden Menschen stand im Jahre 1997 noch gar nicht im Vordergrund: der Klimawandel und der Anstieg des Meeresspiegels. Schleswig-Holstein hat als Reaktion darauf bereits eine Wattenmeerstrategie 2100 entworfen. Das Bundesland sei hier führend, sagt Strempel. Vergleichbares gebe es in den anderen Wattenmeerregionen noch nicht. Gleichwohl habe man den Klimawandel auf der Agenda. So gebe es beispielsweise eine trilaterale Taskforce zum Thema. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.