Klingt gut, bewirkt nix
Nelli Tügel über den Umgang der EU mit dem türkischen Regime
Im TV-Duell zwischen Kanzlerin Merkel und SPD-Kandidat Schulz war der Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei noch großes Thema. In Brüssel zeigt sich nun, was die Wahlkämpfer natürlich auch schon wussten: Ein Ende des Beitrittsprozesses ist in der EU gar nicht durchzusetzen. Unter anderen Ungarn und Polen haben mehrfach erklärt, einem Abbruch niemals zuzustimmen. Der EU-Gipfel hat allerdings beschlossen, die Vorbeitrittshilfen für Ankara zu kürzen. Dies zu verkünden, fiel der Bundeskanzlerin zu. Doch was Merkel da als »Maßnahme« präsentierte, ist keine. Das türkische Regime braucht die Vorbeitrittshilfen nicht. Das Gros des Geldes wird derzeit ohnehin von der EU zurückgehalten. Viele der Mittel fließen zudem nicht in die Kassen der AKP-Regierung, sondern in Austauschprogramme wie Erasmus. Kurzum: Der Beschluss simuliert entschlossenes Handeln, wird aber nichts bewirken.
Zumal die Zahlung von sechs Milliarden Euro im Rahmen des »Flüchtlingsdeals« nicht in Frage gestellt wird. Viel zu wichtig ist den EU-Staaten, dass dieses Abkommen hält. Aufhorchen lassen sollte schon eher die Ankündigung, Deutschland werde der EU für Gespräche über eine Ausweitung der seit 1996 bestehenden Zollunion mit der Türkei kein Verhandlungsmandat erteilen. Hier liegt der wunde Punkt des AKP-Regimes! Doch auch das deutsche Kapital hat am Bosporus etwas zu verlieren. Daher ist mehr als eine Pause der Zollunion-Gespräche kaum zu erwarten.
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