- Kommentare
- AfD im Fußball
Hooligans in den Parlamenten
Für Robert Claus hat die AfD ihre Fühler inzwischen auch in die gewaltbereite Fußballszene ausgestreckt.
Vergangene Woche wurde ein Fan des 1. FC Kaiserslautern, Sebastian Münzenmaier, zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt. Im März 2012 hatten Fans des FCK Anhänger des FSV Mainz angegriffen. Aufgrund von Handydaten war das Gericht überzeugt, Münzenmaier habe Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung geleistet und sei an der Koordination des Überfalls beteiligt gewesen. Münzenmaier verweigerte die Aussage, eine direkte Beteiligung an der Schlägerei konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Die Strafe wird auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt. Münzenmaier und die Staatsanwaltschaft haben daraufhin Berufung eingelegt. Das erklärte Matthias Scherer, Direktor des Amtsgerichts Mainz, am Montag.
Bis hierhin ist es ein Ereignis, wie es vielfach in der Geschichte des Fußballs von Hooligans bekannt ist. Wäre da nicht ein weiteres, wichtiges Detail: Der heute 28-Jährige ist Funktionär der »Alternative für Deutschland«, wurde 2016 parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz und errang 2017 als Spitzenkandidat ein Mandat für den Bundestag.
Der Fall steht stellvertretend für die neue politische Heimat, die manch gewaltbereiter Fußballfan in der AfD gefunden hat. Den Beginn machten im Oktober 2014 die »Hooligans gegen Salafisten« (HoGeSa), welche mit 5000 Kameraden gegen Einwanderung durch Köln randalierten - seinerzeit einer der größten, rassistischen Aufmärsche. Alte Nazis im neuen Gewand: Nicht mehr Reichskriegsflaggen und NS-Verherrlichung prägten die Bilder, sondern jugendkulturelle Symbole und sogenannte Asylkritik. Seither wächst die Liste an Beispielen für die Nähe rechter Hooligans zur AfD stetig an: Der durch HoGeSa bekannt gewordene Hooligan Sascha P. aus Pforzheim postet regelmäßig Wahlwerbung für die AfD, der russische Neonazi Denis N. erklärt in einem ukrainischen Forum die Nähe der Kölner Hools zur jungen Partei. Zugleich bildeten rechte Hooligans Teile des Ordnungsdienstes bei Pegida und Legida in Sachsen - sowohl formell als auch durch organisierte Kleintrupps, die am Rande der Aufzüge politische Gegner attackierten.
In Pforzheim hält die AfD eine ihrer Hochburgen im Westen, in Sachsen holte die Partei drei Direktmandate bei der Bundestagswahl. Sie vermochte es, auch rechte Hooligans anzusprechen und sie der NPD als potenzielle Wähler streitig zu machen. In den Sozialen Medien ließ sich dieser Prozess anschaulich beobachten. In den Wochen vor der Wahl posteten letzte eingefleischte NPD-Fans wiederholt Aufforderungen, doch lieber das braune Original als die aus ihrer Sicht weichgespülte Variante in Blau zu wählen. Die inhaltliche Klammer blieb indessen nahezu unverändert. Ebenso auf Facebook machte ein Meme - ein selbst zusammengestelltes Bild - die Runde: Oben war eine Gruppe schwarzer Migranten zu sehen. Darunter ein Soldat der Wehrmacht, versehen mit einem Slogan, dass es schon im Zweiten Weltkrieg mehrere Großmächte gebraucht habe, um Deutschland zu besiegen. Rechte Hooligans sehen sich gerne als nationale Krieger nach historischem Vorbild.
-
/ David BieberLinke-Chefin Wissler warnt vor Rechtsruck nach der EuropawahlInsbesondere die Union und konservative Kräfte seien für die Entwicklung verantwortlich, sagte sie bei einer Veranstaltung in Düsseldorf
-
/ Hendrik LaschAfD Sachsen: Nächstes Mal sollen Neonazis zum Sieg verhelfenKonkurrenz von Rechtsaußen bremste Partei bei Landtagswahl aus. In Kommunen gewinnt sie derweil stetig an Einfluss
-
/ Hendrik LaschZivilgesellschaft in Sachsen: »Ich kann nur sagen: AfD wirkt!«Initiativen bekommen Folgen des Rechtsrucks im Freistaat zu spüren
Dabei funktionierte die Partei wie ein Staubsauger, der die vielen zuvor fraktionierten, rechten Strömungen einfach aufnahm - auch die rechten Hooligans. Sie dienten der AfD zum Teil als Wegbereiter, Schutztruppe und Wahlhelfer, wie die Beispiele aus Köln, Dresden und Leipzig zeigen. Gaulands Feuchttraum über die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen sprach genau diese Klientel an - irgendwo zwischen NS-Bezug und rechter Modernisierung. Eine Abgrenzung zu rechten Gewalttaten fand auf Bundesebene indessen nie glaubhaft statt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.