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Demokratie und Elektroräder

Kritische Fragen zur Digitalisierung behandelt eine Konferenz der Wirtschaftsverwaltung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Berlin profitiert von der Digitalisierung«, sagt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zur Eröffnung der von ihrer Verwaltung ausgerichteten Wirtschaftskonferenz »Creating Urban Tech« - zu deutsch Urbane Technologien schaffen. In der Digitalwirtschaft entstehe jeder achte neue Job in der Hauptstadt. Nicht alles technisch mögliche sei gesellschaftlich hilfreich, schlägt Pop kritische Töne an. »Es ist gut, wenn eine Ampel weiß, wie viele Fahrzeuge passieren. Muss sie aber wissen, wer da genau vorbeikommt«, nennt Pop ein Beispiel möglicher Überwachung. Sie spricht auch die oft prekären Arbeitsbedingungen an, denen Solo-Selbstständige, »Cybernomaden« oder sogenannte Clickworker unterworfen sind.

Die Erhebung und Verwendung von Daten sei tatsächlich eine Menschenrechtsfrage und nicht bloß eine Privatsphärendiskussion, sagt Ger Baron, Technischer Direktor der niederländischen Hauptstadt Amsterdam. »Total undemokratische Institutionen wie Google oder Amazon können weitreichende Entscheidungen treffen«, beschreibt er die Lage.

Der Begriff Smart City sei um das Jahr 2008 vom Computergiganten IBM genutzt worden, um während der Finanzkrise mehr Produkte an den öffentlichen Sektor zu verkaufen, berichtet Philipp Rode von der Wirtschaftshochschule London School of Economics. In London habe es durchaus Erfolge gegeben. So konnte mit der Innenstadtmaut der Anteil des Autoverkehrs zwischen 1998 und 2013 von 44 auf 33 Prozent gesenkt werden. »Der Konflikt zwischen dem Verkehr und der öffentlichen Funktion von städtischen Straßen muss politisch und nicht technisch entschieden werden«, sagt Rode.

»No Digitalization without Democratization«, also keine Digitalisierung ohne Demokratie, lautet die klare Ansage der Digitalisierungsbeauftragten aus Barcelona, Francesca Bria. »Damit dies auch in Berlin praktisch wird, brauchen wir endlich eine Digitalisierungsstrategie für Berlin, die Rekommunalisierung, Demokratisierung und Repolitisierung des Öffentlichen im digitalen Zeitalter ermöglicht«, sagt Katalin Gennburg, Smart-City-Expertin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Akteure haben sich nach ihren Angaben bereits stadtweit zusammengetan. »Sie fordern einen Runden Tisch Smart City, um den gescheiterten, kommerziellen Smart-City-Ansatz vom Kopf auf die Füße zu stellen«, so die Politikerin. »Die Digitalisierung für die Menschen nutzbar zu machen und Alternativen zum Plattformkapitalismus aufzuzeigen, darum muss es in der Stadt der Zukunft gehen«, fordert Gennburg.

Es geht auch um deutlich Konkreteres auf der Konferenz. Laut den Forschungsergebnissen von Assaf Biderman vom Massachusetts Institute of Technology ist das Elektrofahrrad die smarte Lösung für den individuellen Großstadtverkehr. Zunächst habe man Ridesharingdienste, eine Art Sammeltaxi, untersucht. Doch eine hundertprozentige Auslastung sei nicht zu erreichen gewesen. »Dafür braucht es Ein- oder Zweisitzer«, so Biderman. Das Fahrrad als beliebtestes Ein-Personen-Beförderungsmittel biete sich dafür an. Durch die Aufrüstung mit einem Elektromotor werde es auch für einen Großteil der üblichen Pendlerdistanzen über 15 Kilometer attraktiv.

Das E-Bike ist nach Ansicht von Heinrich Strößenreuther, Initiator des Fahrradvolksbegehrens, auch der richtige Einstieg in die E-Mobilität: »Mit Riesenförderung sind gerade einmal 30 000 Elektroautos auf deutsche Straßen gebracht worden, während gleichzeitig schon 3,3 Millionen E-Bikes unterwegs sind - ganz ohne Subventionen.« Nach Vorbild des Berliner Mobilitätsgesetzes fordert er bis 2030 bundesweite Investitionen von 50 Milliarden Euro in die Fahrradinfrastruktur. »Wir müssen die Klimaziele schaffen«, sagt der Aktivist.

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