Kennedy-Akten im Netz

Doch wichtige Dokumente bleiben unter Verschluss

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Weit über 1000 Bücher sollen zum Mord an John F. Kennedy veröffentlicht worden sein, und doch sind bis heute Fragen offen. Im Glücksfall entstand wie bei »Oswalds Geschichte« von Norman Mailer beste Belletristik, die jenseits von Indizienhuberei und Verschwörungstheorien in die Abgründe der amerikanischen Seele eintauchte. Ob die jetzt von US-Präsident Donald Trump verfügte Veröffentlichung von 2891 bislang geheimen JFK-Files das alles erhellende Licht ins Dunkel bringt, darf schon deshalb bezweifelt werden, weil auch weiter so manches geschwärzt oder gleich verborgen bleibt. Denn trotz einer am Donnerstag abgelaufenen Geheimhaltungsfrist und vollmundiger Ankündigungen blockiert Trump, der die vollständige Veröffentlichung auf Twitter bis zuletzt regelrecht beworben hat (»So interessant!«), die Freigabe Hunderter Akten.

Die sollen nun weitere 180 Tage überprüft - und dann gegebenenfalls herausgegeben werden. Schuld an der Selektion seien CIA und FBI, so Trump in einem Memo. Er habe keine Wahl, drohe doch »potenziell unumkehrbarer Schaden« für die nationale Sicherheit, wenn er die Offenlegung aller Dokumente erlauben würde. Doch will Trump verstärkt Druck auf Geheimdienst und Bundespolizei machen, damit die Akten nach der Überprüfung nur noch in den »seltensten Fällen« weiter unter Verschluss bleiben. Schwärzungen seien aber notwendig und beträfen etwa Namen von Informanten oder einstigen und aktuellen Mitarbeitern, so die Central Intelligence Agency, die als Auslandsgeheimdienst nicht im Inland aktiv werden darf. Nicht erkennbar sollen zudem auch künftig spezielle Geheimdienstmethoden sein. Und einige »sensible« Dokumente blieben ganz unter Verschluss, wie das Weiße Haus mitteilte. CIA und FBI könnten die Freigabe einiger Dokumente blockieren, um ihre eigenen Fehler zu verbergen, glaubt der Politologe und Kennedy-Experte Larry Sabato von der Universität von Virginia - z.B. mit Blick auf Lee Harvey Oswalds Reise nach Mexiko-Stadt rund sieben Wochen vor der Mordtat, wo er kubanische und sowjetische Agenten getroffen haben soll.

Trotzdem sehen Historiker durchaus Chancen, einige Fragen rund um den Fall besser aufzuklären - ohne aber mit aufsehenerregenden Enthüllungen zu rechnen. Eine der wichtigsten ist, ob Oswald am 22. November 1963 im texanischen Dallas tatsächlich der alleinige Todesschütze war, was der präsidiale Untersuchungsausschuss zur Ermordung Kennedys, bekannt als Warren Commission, 1964 vorbehaltlos bejahte. 15 Jahre später folgte eine Untersuchung des US-Kongresses, die sich diesem Urteil anschloss. Für eine Beteiligung der CIA an dem Attentat gebe es keine Beweise. Praktischerweise wurde Oswald zwei Tage nach seiner Festnahme im Polizeigewahrsam vom Nachtklubbesitzer Jack Ruby erschossen. 1992 schließlich beschloss der Kongress, dass das Nationalarchiv alle mit dem Fall zusammenhängenden Informationen sammeln und innerhalb von 25 Jahren veröffentlichen müsse, spätestens am 26. Oktober 2017. Inzwischen sind die Dokumente online auf der Website des Archivs abrufbar.

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