• Politik
  • Repression in der Türkei

Akademikern droht Anklage wegen Friedensappells

Auch in Deutschland lebende Türken wegen Kritik an Ankaras Vorgehen in Kurdengebieten im Visier

  • Lesedauer: 2 Min.

Hamburg. Hunderte türkische Akademiker, die vergangenes Jahr einen Aufruf für Frieden in den Kurdengebieten unterzeichnet hatten, sollen einem Medienbericht zufolge wegen »Terrorpropaganda« vor Gericht gestellt werden. Auch einigen in Deutschland lebenden Unterzeichnern des Appells vom Januar 2016 sei eine entsprechende Anklageschrift zugestellt worden, berichteten NDR, WDR und »Süddeutsche Zeitung« am Sonntag unter Berufung auf die Dokumente.

In der Anklageschrift heißt es dem Bericht zufolge, der »sogenannte Friedens-Aufruf« trage »den Charakter der offenen Propaganda für die Terrororganisation PKK«. Der zuständige Oberstaatsanwalt in Istanbul werfe den Unterzeichnern vor, sie hätten zum Ziel gehabt, den türkischen Staat als »illegitime, zerstörende Kraft« und als »verbrecherisch« darzustellen sowie Gewalt durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu legitimieren, heißt es weiter.

Laut türkischem Gesetz drohen Strafen von bis zu siebeneinhalb Jahren Haft für Terror-Propaganda. Fragen von NDR, WDR und »SZ« zu den Vorwürfen und dem weiteren Vorgehen habe die Istanbuler Staatsanwaltschaft nicht beantwortet, heißt es in dem Bericht.

In dem Appell hatten insgesamt 1128 Akademiker das harte Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte in türkischen Kurdengebieten Ende 2015 als »Vernichtungs- und Vertreibungspolitik« bezeichnet. Rund einhundert der nun angeklagten Akademiker leben dem Bericht zufolge in Deutschland.

Ihre Strafverfolgung könnte die deutsch-türkischen Beziehungen erneut belasten. Nach der Freilassung des in der Türkei inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner vor wenigen Tagen waren Hoffnungen laut geworden, dies könne der Anfang einer Entspannung sein. In der Türkei sind weiterhin mehrere Deutsche offenbar aus politischen Motiven inhaftiert, darunter der »Welt«-Korrespondent Deniz Yücel und die Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu. AFP/nd

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