• Politik
  • Wer bekommt die deutsche Staatsbürgerschaft?

Heiß begehrt und schwer zu haben

Die deutsche Staatsangehörigkeit wird seit dem 19. Jahrhundert in erster Linie nach dem Abstammungsprinzip vergeben

  • Katharina Schwirkus
  • Lesedauer: 3 Min.

Das aktuelle Gesetz, das regelt, wie die deutsche Staatsbürgerschaft erworben wird, basiert im Kern auf einem Gesetz von 1842. Dieses bestimmte, wer preußischer Untertan war. Damals wurde festgelegt, dass man einen preußischen Vater haben musste, um preußischer Bürger werden zu können. Unter den Nationalsozialisten wurde diese Regelung weitgehend übernommen, um zu bestimmen, wer deutscher Reichsbürger werden konnte. Allerdings wurde die Formulierung des »deutschen Blutes« in die Gesetze eingearbeitet und damit eine Ethnisierung im Staatsbürgerrecht verankert. Zudem wurde in etlichen Gesetzen geregelt, dass Juden keine deutschen Reichsbürger werden konnten.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war die Vergabe der Nationalität nach dem Abstammungsprinzip auch in anderen Ländern geläufig, etwa in Frankreich. In den meisten Ländern gilt heute aber der Geburtsort als entscheidend für die Vergabe der Staatsbürgerschaft. Länder, in denen wie in Deutschland noch die Nationalität der Eltern über die der Kinder entscheidet, sind beispielsweise China, die Golfstaaten, Japan, Albanien und Italien. Demgegenüber stehen die USA, Frankreich, Kanada, fast alle Länder Lateinamerikas und viele mehr.

Migrationsforscher plädieren für die weltweite Einführung der Vergabe der Staatsangehörigkeit nach dem Geburtsort. Diese erleichterte die Abschaffung von Ressentiments, weil es beispielsweise keine klassische Vorstellung mehr davon geben kann, wie Menschen einer bestimmten Nationalität aussehen. Einige Historiker fordern insbesondere die Reformierung der deutschen Gesetze zur Erlangung der Staatsbürgerschaft, damit sich Deutschland von seiner Nazi-Geschichte distanziert. Wenngleich das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht einen älteren Kern hat, eigneten sich die Nationalsozialisten die Regelungen an und deuteten sie zu ihren Interessen um. Bis heute verbinden daher viele Menschen die Nazizeit mit dem Abstammungsprinzip und setzten dieses mit der Regelung des »deutschen Blutes« gleich. So kann sich rechtsextremes Gedankengut halten und Menschen, die auf dieser Grundlage argumentieren, können sich weiterhin im Recht fühlen.

Anfang der 2000er wurde das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht von der rot-grünen Regierung reformiert. Seither können Kinder bei ihrer Geburt auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn sich eines ihrer Elternteile seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland aufhält und seit mindestens drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Zudem wurde die doppelte Staatsbürgerschaft eingeführt, die es Menschen unter bestimmten Bedingungen erstmals erlaubte, neben der deutschen auch noch andere Staatsangehörigkeiten zu haben.

Die Möglichkeit, mehrere Staatsangehörigkeiten zu haben, wurde zuletzt wieder politisch debattiert. Die CDU und CSU fordern die Abschaffung der Regelung.

Die Reformierung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts wird derzeit besonders von Geflüchteten und Menschen, die sie unterstützen, gefordert. Der leichtere Erwerb könnte einen Anreiz zur Integration schaffen und zudem die Akzeptanz von Geflüchteten in der Aufnahmegesellschaft stärken, so die Argumentation.

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