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Britischer Verteidigungsminister tritt wegen #metoo zurück
Michael Fallon soll einer Journalistin mehrfach ans Knie gefasst haben / Nachfolger wird Cameron-Assistent Gavin Williamson / Liste mit Vorwürfen gegen 40 weitere Abgeordnete
London. Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon ist nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung zurückgetreten. Das teilte die britische Regierung am Mittwochabend mit. Fallon soll 2002 bei einem Dinner einer Journalistin wiederholt ans Knie gefasst haben.
Als Nachfolger gab die britische Regierung am Donnerstag Gavin Williamson bekannt. Der 41-Jährige gilt als weitgehend unbeschriebenes Blatt in der konservativen Partei. Er war persönlicher Assistent des zurückgetretenen Premierministers David Cameron. Zuletzt hatte er den einflussreichen Posten des »Chief Whip« - des Einpeitschers - inne. Die Whips sind dafür zuständig, für Fraktionsdisziplin bei wichtigen Abstimmungen zu sorgen. Gerüchteweise nutzen sie dafür auch Informationen über Verfehlungen von Abgeordneten.
Britische Medien spekulierten, dass noch andere Gründe hinter dem Rücktritt stecken könnten. Wegen einer in London kursierenden Geheimliste mit Verfehlungen von Politikern müssten möglicherweise sogar noch weitere Regierungsmitglieder ihren Hut nehmen, hieß es.
Die von Fallon betatschte Journalistin fiel aus allen Wolken. »Das ist ja wohl der absurdeste Rücktritt eines Ministers«, sagte Julia Hartley-Brewer am Donnerstag dem Nachrichtensender Sky News. Es müsse noch etwas anderes dahinter stecken. Schon zuvor hatte die selbstbewusste Frau über den Vorfall aus dem Jahr 2002 berichtet: Nachdem Fallon ihr Knie berührt habe, drohte sie ihm Schläge an. Dann sei sie von ihm in Ruhe gelassen worden. »Meine Knie blieben intakt.«
Viele der veröffentlichten Vorwürfe seien falsch, beharrte der Minister. Gleichwohl sei er »in der Vergangenheit hinter den hohen Standards zurückgeblieben, die wir an die Streitkräfte stellen«, begründete Fallon seinen Rückzug aus dem Kabinett in einem Schreiben an Premierministerin Theresa May. Seinen Parlamentssitz wolle er aber behalten.
Fallon gilt als enger Verbündeter von Regierungschefin May. Er hatte den Posten als Verteidigungsminister seit 2014 inne. Von 2010 bis 2012 war Fallon stellvertretender Vorsitzender der britischen Konservativen. Fallons Rücktritt erhöht den Druck auf Mays Kabinettschef Damian Green. Auch er soll einer Frau ans Knie gefasst haben, streitet die Vorwürfe aber ab.
Debatte um sexuelle Gewalt breitet sich weiter aus
Ausgelöst wurde die Debatte über sexuelle Belästigung in Großbritannien durch Vorwürfe gegen den Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein. Premierministerin May hatte diese Woche wirkungsvollere Maßnahmen gegen sexuelle Übergriffe im Parlament gefordert.
Britischen Zeitungen zufolge zirkuliert unter Mitarbeitern der konservativen Fraktion des britischen Unterhauses eine Liste mit fast 40 Abgeordneten, darunter mehrere Regierungsmitglieder, gegen die es Vorwürfe wegen »unangemessenen Verhaltens« geben soll.
Fast täglich tauchen in den britischen Medien neue Vorwürfe gegen Politiker auf. So soll ein Staatssekretär seine Assistentin zum Kauf von zwei Vibratoren in einen Sex-Shop geschickt haben. In der oppositionellen Labour-Partei gibt es sogar einen Vergewaltigungsvorwurf, dem jetzt nachgegangen wird.
Labour-Chef Jeremy Corbyn bezeichnete Fallons Rücktritt als »erstaunlich«. Die Vorsitzende der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, hatte zuvor ein konsequentes Handeln gegen Sexismus im Parlament eingefordert.
Vorwürfe auch im EU-Parlament und in Schweden
Auch im EU-Parlament hat die Debatte bereits für Konsequenzen gesorgt. Nachdem das Onlinemagazin »Politico« Ende Oktober eine Liste mit sexuellen Übergriffen und Belästigungen veröffentlicht hatte, sprach sich eine Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg dafür aus, eine Arbeitsgruppe mit unabhängigen Sachverständigen einzurichten.
Auch im schwedischen Parlament haben 23 Abgeordnete bekannt gemacht, sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein. Zuvor hatte die schwedische Außenministerin Margot Wallström auf Facebook gepostet, selbst von sexueller Belästigung betroffen zu sein. Aus dem Deutschen Bundestag äußerten sich bisher lediglich die SPD-Politikerinnen Katarina Barley und Andrea Nahles über Sexismus im Parlament, ohne konkrete Vorwürfe zu erheben.
Kevin Spacey, Dustin Hoffmann: Neue Vorwürfe in Hollywood
Derweil werden auch in Hollywood, wo die #metoo-Kampagne ihnen Anfang hatte, immer neue Vorwürfe laut. In dieser Woche wurden die Schauspieler Kevin Spacey und Dustin Hoffman sowie der Regisseur Brett Ratner der sexuellen Belästigung bezichtigt.
Oscar-Preisträger Hoffman wird von der US-Autorin Anna Graham Hunter vorgeworfen, sie 1985 als 17-Jährige wiederholt belästigt zu haben. Sie habe damals am Set des TV-Films »Death of a Salesman« als Produktionsassistentin ein Praktikum gemacht. Ihren Beschreibungen zufolge habe Hoffman sie um eine Massage gebeten, an den Po gegriffen und mehrfach mit anzüglichen Bemerkungen bedrängt.
Dem Hollywood-Regisseur Brett Ratner werfen sechs Frauen sexuellen Missbrauch oder Belästigung vor. Unter anderem Schauspielerin Natasha Henstridge beschuldigte den mit Filmen wie »Rush Hour« oder »X-Men: Der letzte Widerstand« bekannt gewordenen Ratner in einem Bericht der »Los Angeles Times« vom Mittwoch, er habe sie Anfang der 90er Jahre gezwungen, ihn oral zu befriedigen.
Schauspielerin Olivia Munn sagte dem Blatt, Ratner habe vor ihr masturbiert, als sie eine Anfängerin im Filmgeschäft gewesen sei. Sie hatte den Vorfall später in einem Buch beschrieben, ohne jedoch den Namen des Regisseurs zu erwähnen. Beide Schauspielerinnen erklärten, die Debatte um den von Dutzenden Frauen mit Vergewaltigungs- und Missbrauchsvorwürfen konfrontierten US-Filmproduzenten Harvey Weinstein hätten sie ermutigt, die Vorwürfe jetzt öffentlich zu machen.
Oscar-Preisträger Kevin Spacey sucht sich nach wiederholten Vorwürfen wegen sexueller Belästigung inzwischen therapeutische Hilfe. »Kevin Spacey nimmt sich die nötige Zeit für eine Analyse und Behandlung«, sagte ein Sprecher am Donnerstag in einem Statement an mehrere US-Medien. Schauspieler Anthony Rapp (46, »Star Trek: Discovery«) hatte Spacey (»House of Cards«) als erster der sexuellen Übergriffe beschuldigt. Auch der mexikanische Schauspieler Roberto Cavazos belastete Spacey schwer: Während dessen Zeit als künstlerischer Direktor des Londoner Old Vic Theatre habe es unzählige Übergriffe gegeben. Der 35-jährige Cavazos schrieb auf Facebook: »Viele von uns haben eine ‘Kevin-Spacey-Geschichte’. Es brauchte wohl nur einen jungen Mann unter 30, und Herr Spacey fühlte sich frei, uns anzufassen.« Er könne die Anzahl der Personen nicht mehr zählen, die ihm die gleiche Geschichte über Spacey erzählt hätten, berichtete Cavazos. nd/Agenturen
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