Ärgerliche Doppelfehler
RB Leipzig verliert disziplinlos und abwehrschwach auch das wichtige Spiel in Porto
RB Leipzig hat eine Maxime, die - wie sollte es anders sein - Sportdirektor und Ex-Trainer Ralf Rangnick zum Grundgesetz des Klubs gemacht hat. Fehler dürfen passieren, so der Leitspruch, aber niemals zweimal hintereinander der gleiche. Dieses Motto bringt Anspruch, Lerneifer und Entwicklungsgeschwindigkeit der Leipziger auf den Punkt. Dumm bloß, dass die Mannschaft das Credo derzeit nicht umsetzen kann. Beim 1:3 (0:1) im wohl vorentscheidenden vierten Gruppenspiel der Champions League beim FC Porto ebenso wenig wie zuvor gegen Bayern München.
Erst bekamen die Leipziger gegen den deutschen Rekordmeister eine doppelte Platzverweislektion. Dann unterlief ihnen gegen Portugals Vizemeister erneut zweimal hintereinander ein und derselbe Fauxpas. Wie bereits im Hinspiel kassierte der Europapokalneuling zwei Gegentreffer nach Standards. Vor 14 Tagen hatte das Team das durch eine grandiose Offensivleistung kaschieren können. Im Rückspiel im Estadio do Dragao - so etwas wie das Endspiel um Gruppenplatz zwei - brach Rasenballsport die Abwehrschwäche bei ruhenden Bällen des Gegners nun das Genick. Beides - gehäufte Platzverweise ebenso wie Abwehrschwächen - sind Belege dafür, dass es den Leipzigern noch an internationaler Klasse und Cleverness mangelt. Um noch das Achtelfinale zu erreichen, muss RB nun auf Patzer von Porto hoffen.
Beim frühen 1:0 durch Portos Kapitän Hector Herrera leistete sich der sonst bemühte Kevin Kampl einen Doppelfehler. Erst verlor er nach einer Ecke sein Kopfballduell gegen Herrera, dann ließ er den mexikanischen Nationalspieler unbewacht im Strafraum davonschleichen, weil er sich bereits wieder nach vorn orientierte. »Wir haben bei Eckbällen eine klare Zuteilung, die sollte man auch bis zum Schluss einhalten, bis die Situation wirklich geklärt ist«, mahnte Leipzigs Kapitän Willi Orban.
Beim zweiten Gegentreffer durch Portos Abwehrhünen Danilo Pereira, der in der 61. Minute die Entscheidung brachte, versäumte es Orban dann selbst, entschlossener zu verteidigen. Selbstkritisch sagte der Spielführer: »Wir müssen uns als Viererkette besser fallen lassen, dürfen die Gegner gar nicht in die Lücken laufen lassen. Da haben wir zu schludrig agiert.« Dass Danilo in der Situation leicht im Abseits stand, sah der Schiedsrichter nicht. Generell forderte der Innenverteidiger von sich und anderen bei gegnerischen Standards: »Wir müssen wacher und konsequenter sein, uns mit aller Macht reinschmeißen. Das ist zu naiv.«
Doch auch offensiv agierte RB Leipzig zu selten mutig, leidenschaftlich, klar und kreativ, sondern eigentümlich plan- und ratlos. Die 1100 mitgereisten Fans hatten zuvor beim Fanmarsch von der Altstadt zum »Drachenstadion« mehr Bambule gemacht. Auf dem Platz konnten weder Kampl noch Naby Keita dem Spiel Impulse verleihen, durch Dribblings und Pässe Räume für Emil Forsberg oder Marcel Sabitzer schaffen. Im Grunde erreichte kein Leipziger Spieler Normalform. So kamen kaum Chancen zustande; ganze vier Gelegenheiten hatte RB in 90 Minuten. »Wir sind zu wenig ins letzte Drittel gekommen, haben nicht wirklich etwas mit unserem Ballbesitz anfangen können, haben zu viel quer gespielt«, ärgerte sich Kampl. »Wir haben zwar viele Bälle gewonnen, es dann aber versäumt, geradlinig nach vorn zu spielen.«
Statt ihres sonst rasanten Umschaltens drehten die Leipziger zu häufig nach hinten ab. Die Portugiesen zogen ihr Abwehrnetz so eng zusammen wie das sonst bei RB zu beobachten ist. Richtig befreien konnte sich der deutsche Vizemeister eigentlich nur vor dem 1:1, als Marcel Sabitzer den zur zweiten Hälfte eingewechselten Timo Werner mit einem präzisen Pass bediente. Doch statt das 1:1 zu verteidigen, ging wie es Hasenhüttl formulierte, »die Ordnung flöten. Wir haben sehr euphorisch reagiert, das ist gefährlich, wenn man gegen eine so erfahrene Mannschaft so wild stürmt. Da waren wir dann entblößt.« Nach dem 2:1 waren die Gäste mental und physisch nicht mehr in der Lage zuzusetzen, während Portos Maxi Pereira durch einen Konter noch das 3:1 nachlegte (90.).
Am Samstag hat RB bereits das nächste Spitzenspiel vor der Brust: Der Tabellendritte tritt gegen den beschwingten und ausgeruhten Viertplatzierten Hannover 96 an. Es wird das sechste Spitzenspiel in drei Wochen sein. »Wir müssen wieder versuchen, uns zu belohnen. Im Moment bekommen wir nicht das, was wir uns verdienen«, sagte Hasenhüttl. Ralf Rangnick wird es sicher nicht versäumen, das Team noch einmal auf das Klubcredo hinzuweisen.
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