Grüne haben beim Klimaschutz keine Eile

Sondierungsgespräche im Bund werden fortgesetzt / Ökopartei rückt von bisherigen Positionen ab

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Um eine sogenannte Jamaika-Koalition zu ermöglichen, entschärfen die Grünen ihre bisherigen Forderungen in der Umwelt- und Klimapolitik. Parteichef Cem Özdemir sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«, dass seine Partei ein Aus für den Verbrennungsmotor im Jahr 2030 nicht länger zur Bedingung für eine Koalition mit Union und FDP mache. Statt des konkreten Datums, ab dem nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden sollten, verlangten die Grünen lediglich »ein klares Bekenntnis, dass wir alles dafür tun, um die Fahrzeuge der Zukunft – vernetzt, automatisiert und emissionsfrei – zu bekommen«.

Auch beim Kohleausstieg rudern die Grünen zurück. Die Ko-Vorsitzende Simone Peter verkündete in der »Rheinischen Post«, dass nicht das genaue Datum entscheidend sei. »Uns geht es darum, dass die CO2-Emissionen im Jahr 2020 um 40 Prozent unter dem Ausstoß von 1990 liegen und dass die Sektorziele für 2030 eingehalten werden, auch mit Blick auf die Paris-Ziele«, sagte Peter. Im Wahlprogramm der Grünen hieß es, dass der Strom bis 2030 komplett aus erneuerbaren Energien gewonnen werden solle. Die 20 dreckigsten Kohlekraftwerke müssten »unverzüglich« vom Netz genommen werden.

Wirtschaftsnahe Politiker der Grünen dürften mit den Kompromissvorschlägen zufrieden sein. So will etwa der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann der heimischen Autoindustrie keine strengen Vorgaben machen. Die konkreten Zeitpläne seiner Partei hatte Kretschmann als »Schwachsinnstermine« bezeichnet.

Dagegen warf Greenpeace den Sondierern »Hasenfüßigkeit« vor. »Wer dem Verbrennungsmotor kein klares Ende setzt, verschont die Autobauer auch künftig vor jeder Anstrengung im Klimaschutz«, kritisierte Tobias Austrup. Nach Einschätzung des Verkehrsexperten der Umweltorganisation trage der Verkehrssektor seit einem Vierteljahrhundert »absolut nichts« dazu bei, die CO2-Emissionen in der Bundesrepublik zu senken.

Die Sondierungen gingen am Dienstag in eine entscheidende Phase. Bislang waren die Unterhändler kaum vorangekommen und hatten zumeist ihre unterschiedlichen Haltungen betont. Nun werden konkrete Ergebnisse erwartet. FDP-Chef Christian Lindner reagierte positiv auf die Vorschläge der Grünen und deutete an, dass seine Partei Abstriche bei einer von ihr geplanten Reform machen könnte, die radikale Steuersenkungen in einem Umfang von 30 bis 40 Milliarden Euro vorgesehen hatte.

Derweil nannte Kanzlerin Angela Merkel erstmals öffentlich ein Enddatum für die Sondierungen. »Am 16. November wollen wir fertig sein mit allem. Und da steht noch viel Arbeit an«, erklärte die CDU-Chefin.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.