Der Mythos vom guten Menschen
Karl Lagerfelds Einfluss ist nicht zu unterschätzen, meint Christian Baron
Zu den hartnäckigsten Legenden unserer Zeit zählt die Annahme, Deutschland betreibe eine humane Flüchtlingspolitik. Dieser Humbug gründet in einer Entscheidung von Angela Merkel aus dem Jahr 2015. Damals verhinderte die Bundeskanzlerin eine Grenzschließung, um in Ungarn gestrandete Flüchtlinge aufzunehmen. Der Modeschöpfer Karl Lagerfeld bezog sich darauf, als er nun in einem TV-Interview zürnte, Deutschland habe während der NS-Zeit mehrere Millionen Juden ermordet und dürfe darum jetzt nicht »Millionen ihrer schlimmsten Feinde« ins Land holen.
Diese Holocaustrelativierung und der pauschale Antisemitismusvorwurf gegen ganze Gruppen erscheinen so grotesk, dass sie doch eigentlich kaum der Rede wert sein dürften. Lassen sich solche Einlassungen damit als bloßes Gebrabbel abtun, ebenso wie das Bild des wütenden Lagerfeld von einer »uns« wie eine Naturgewalt überschwemmenden Menschenflut?
Nein, denn leider sind Boulevardpromis, denen in Lifestyleshows und in »Bild« nach jedem Pups der mediale rote Teppich ausgerollt wird, im Mainstream einflussreicher als jene, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen: Ab Herbst 2015 verschärfte Merkel das Asylrecht und sorgte durch Deals mit Autokraten wie Erdoğan oder mithilfe todbringender Hindernisse dafür, dass kaum mehr Flüchtlinge die deutschen Außengrenzen erreichen.
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