Blockade legt RWE-Kraftwerk lahm

Aktivisten besetzten am Mittwoch Förderbänder des Kohlekraftwerks Weisweiler / Betreiber mussten Leistung auf zehn Prozent herunterfahren

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Aktivisten des Zusammenschlusses »Zucker im Tank« kamen in den frühen Morgenstunden. Gegen 5 Uhr ist es ihnen gelungen auf das Gelände des Kraftwerks Weisweiler im Rheinischen Braunkohlerevier einzudringen. Der Betreiber RWE musste die Leistung auf zehn Prozent herunterfahren. Anlass für die Proteste ist die in Bonn stattfindende UN-Klimakonferenz.

Für ihre Aktion haben sich die Aktivisten einen der neuralgischen Punkte in der Kohleinfrastruktur ausgesucht: den sogenannten »Kohlebunker«. Hier wird die Kohle aus dem Tagebau gelagert und dann direkt ins Kraftwerk geschafft. Die Braunkohle wird dabei auf Förderbändern transportiert. Über einem der Förderbänder hatten Aktivisten eine dreibeinige Konstruktion aufgebaut, an der sie sich festketteten. Auch an den Baggern, mit denen die Kohle ins Kraftwerk befördert wird, ketteten sich Aktivisten fest.

RWE blieb daraufhin nichts anderes übrig, drei der vier Blöcke des Kraftwerks herunterzufahren. Als die Aktion am Mittag beendet war, lief es nur noch mit zehn Prozent seiner üblichen Leistung. »Und trotzdem ist uns kein Fall bekannt, in dem jemand wegen Strommangel keinen Kaffee machen konnte«, erzählt die Aktivistin Lara Becker nach der Aktion. Becker engagiert sich bei »Zucker im Tank«, einer Gruppe, die sich auf direkte Aktionen gegen die Kohleinfrastruktur spezialisiert hat – die Polizei spricht von »Sabotageakten«.

Die Aktion vom Mittwoch stellten die Aktivisten unter das Motto #WEshutdown. »Klimagerechtigkeit entsteht nicht am Verhandlungstisch, sondern durch den sofortigen Ausstieg aus fossiler Energie«, erklärt Becker. Die UN-Weltklimakonferenz COP23 bezeichnen die Aktivisten als »Inszenierung« der Staats- und Regierungschefs. Dort sei noch kein CO2 eingespart worden. Die Blockade des Kraftwerks hingegen habe zur Einsparung von 12.000 Tonnen CO2 geführt, die von RWE sonst verfeuert worden wären. Das Kraftwerk Weisweiler gilt mit einem Ausstoß von 18,1 Millionen Tonnen an Treibhausgasen als das fünftschmutzigste in ganz Europa.

Am Mittag hatte die Polizei alle 13 Aktivisten in Gewahrsam genommen. Lara Becker kritisiert allerdings, dass die Beamten nicht auf eine speziell ausgebildete Technische Einheit gewartet hätten, um die angeketteten Aktivisten zu lösen. Dabei seien die Mitglieder der Gruppe, aber auch Polizisten gefährdet worden. Ein unschönes Erlebnis mit der Polizei hatte auch der Fotograf Jannis Große. Große musste seine Bilder auf Anweisung von Polizisten löschen. Anschließend wurde er vom Werksgelände gefahren. Die Aachener Polizei gibt an, nichts von diesem Vorfall zu wissen und kündigte an, dem nachzugehen.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!