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Narr oder Narziss
Gabriele Oertel findet Seehofers Klammern an den Ämtern nur noch erbärmlich
Zugegeben, Horst Seehofer hat es doch noch einmal hinbekommen, für sich noch ein paar Tage mehr im Doppelamt herauszuschinden. Doch wie muss es um einen Mann bestellt sein, der aus Angst vor politischem Bedeutungsverlust zwei CSU-Ehrenvorsitzende und eine couragierte Landtagspräsidentin aufbieten muss, um eine weitere Galgenfrist bis zum - vermutlich nur teilweisen - Machtverzicht zu erflehen? Ist er Narr oder Narziss? Oder beides?
Dabei war der Ingolstädter, der nach dem plötzlichem Abgang von Edmund Stoiber und Günther Beckstein aus der Münchner Staatskanzlei genügend über bayerische Kabalen gelernt haben müsste, voll hehrer Ziele. »Ich will der erste Politiker der Bundesrepublik Deutschland sein, der den Generationswechsel organisch hinbekommt«, diktierte er 2016 Journalisten in den Block. Daraus wurde bekanntlich nichts. Der heute 68-Jährige hat vollmundig seinen Rückzug angekündigt und wieder zurückgenommen, seinen Kronprinzen Markus Söder mit wechselnden Rivalen in Schach gehalten und über all dem Intrigenspiel den Zeitpunkt eines ehrenvollen Abgangs verpasst. Im gleichen Interview gab Seehofer übrigens zu Protokoll, er wolle nicht dereinst in gebückter Haltung durch Bayern gehen müssen und hoffen, dass ihn keiner erkennt, weil seine politische Hinterlassenschaft gramvoll wäre. Zu fürchten steht: Wenigstens das hat der CSU-Chef und Ministerpräsident geschafft.
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