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Missratene Stippvisite

Ausgerechnet in Gladbach gibt’s die erste Bayernniederlage der jüngsten Ära Heynckes

  • Andreas Morbach, Mönchengladbach
  • Lesedauer: 4 Min.

Jupp Heynckes hat es sich gut gehen lassen bei seiner Stippvisite in der Heimat. Nach dem Champions-League-Auftritt am Mittwoch beim RSC Anderlecht reiste der Bayern-Tross von Brüssel aus gleich weiter ins Rheinland, bezog in Mönchengladbach Quartier - und der Chefcoach schaute zwischendurch bei Gemahlin Iris und Vierbeiner Cando auf dem umgebauten Bauernhof in Schwalmtal-Fischeln vorbei. »Es ist gut gekocht worden, mit dem Hund ist auch alles in Ordnung. Er hat sich gefreut - und meine Frau auch«, berichtete Heynckes. Ebenfalls noch genießen konnte der 72-Jährige die Momente vor dem Anpfiff, als ihn die Fans beider Klubs feierten. Aber dann kam das Spiel - und die erste Pleite für Heynckes in seiner vierten Schleife als Bayern-Coach.

Seine traumhafte Serie von neun Siegen in neun Spielen - der Pokalerfolg in Leipzig glückte dabei nach Elfmeterschießen - war gerissen. Zwar bei seiner alten Liebe Borussia, was die Niederlage für den Münchner Triple-Trainer von 2013 aber keinesfalls erträglicher machte, wie einer spitzbübisch vermutete. »Das ist in den Hirnen der Journalisten«, feixte Heynckes, dann betonte er: »Wir sind Profis. Ich bin sehr gerne hier, lebe am Rand von Mönchengladbach. Borussia hat Riesiges geleistet heute - aber das alles schließt nicht aus, dass ich gerne gewonnen hätte.«

Die passenden Mittel dazu hatte der Spitzenreiter aber selbst im überlegen geführten zweiten Durchgang nicht parat. Mehr als der Anschlusstreffer durch Arturo Vidal eine Viertelstunde vor Schluss sprang nicht heraus beim Versuch, die Gladbacher Tore durch Thorgan Hazard (Handelfmeter) und Matthias Ginter kurz vor der Pause zu egalisieren. »Wir haben das Spiel in der ersten Halbzeit verloren. Da haben wir zu wenig investiert, zu langsam gespielt, keinen Rhythmus gefunden«, präsentierte Heynckes seine Mängelliste. Während der siegreiche Kollege Dieter Hecking den Münchnern für die zweite Halbzeit attestierte: »Das war fast ein Belagerungszustand.«

Das Problem: Auch nach dem Seitenwechsel fehlten im Spiel der Bajuwaren Tempo, Flankenläufe, Spielwitz und zündende Ideen. Die geeigneten Waffen also, um die Festung Borussia-Park zu stürmen. Weswegen Heynckes neben den bekannten Verweisen auf die hochintensiven, Energie fressenden Veränderungen nach dem Rauswurf seines Vorgängers Carlo Ancelotti noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kam: die dünne Luft, die selbst dem Rekordmeister in diesem Spätherbst wegen der vielen Verletzten zu schaffen macht.

»Die erste Halbzeit war auch in Anderlecht nicht gut«, erinnerte der gebürtige Mönchengladbacher, der vor allem die prominenten, wenn auch nicht mehr ganz blutjungen Zwangsabstinenzler auf den Außenbahnen vermisst. »Die Ausfälle von Arjen Robben und Franck Ribéry haben die Sache zusätzlich erschwert«, betonte Heynckes. »Dazu hat Kingsley Coman zuletzt nur zwei Mal trainiert, auch das ist nicht die optimale Vorbereitung auf ein Spiel in Mönchengladbach. Und letztlich können wir auf den Außenpositionen nicht nachlegen.«

Auf der To-do-Liste der Münchner steht zudem die Suche nach einem Backup für Angreifer Robert Lewandowski. Nationalstürmer Sandro Wagner ist als Wintertransfer aus Hoffenheim schon länger im Gespräch, beim potenziellen Kunden sind sie sich in der Sache allerdings uneins. Es sei eine Frage der Ablösesumme, aber da liege man derzeit meilenweit auseinander, erklärte Präsident Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung am Freitag und zog den Schluss: »So wie sich das im Moment darstellt, wird sich das ziemlich zerschlagen.« Sportdirektor Hasan Salihamidzic hingegen erwähnte seine guten Gespräche mit TSG-Manager Alexander Rosen, die fortgesetzt würden. Ehe er schnippisch ergänzte: »Die Aussage von Uli Hoeneß lasse ich mal so stehen.«

Das galt auch für Jupp Heynckes und die präsidialen Überlegungen, der ewige Helfer der Münchner werde womöglich über den Sommer 2018 hinaus den Chefcoach an der Säbener Straße geben. »Da hat Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung nach den guten letzten Wochen vielleicht ein bisschen emotional reagiert«, lächelte Heynckes verständnisvoll, machte aber zugleich deutlich: »Die Sache ist ganz klar geregelt - ich habe einen Vertrag bis zum 30. Juni. Das ist eine klare Vereinbarung, und dabei wird es bleiben.«

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