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  • Angriff auf Bürgermeister von Altena

Kipping macht AfD für Messerattacke mitverantwortlich

Behörden vermuten extrem rechtes Motiv bei Attentäter / Merkel: Bin entsetzt über Attacke auf Andreas Hollstein / Katja Kipping: »Gewaltverbrechen wie gegen Hollstein sind Folge rechtspopulistischer Hetze«

  • Lesedauer: 3 Min.

Altena. Nach dem offenbar rassistisch motivierten Messerangriff auf den Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Altena hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Mordversuchs gegen den festgenommenen 56-jährigen Tatverdächtigen aufgenommen. Der alkoholisierte Imbissbesucher habe die Attacke ausdrücklich damit begründet, dass der Bürgermeister »200 Asylanten in die Stadt« geholt habe, sagte Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli am Dienstag in Hagen. Das Attentat rief bundesweit Entsetzen hervor.

Der Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU) war bei dem Angriff am Montagabend in einem Dönerimbiss leicht verletzt worden. Mit Hilfe des Imbissinhabers und dessen Sohns gelang es den 54-jährigen Hollstein, den Angreifer zu überwinden und ihn bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Altena gilt als Vorzeigekommune bei der Flüchtlingsintegration und war dafür auch mit dem Nationalen Integrationspreis ausgezeichnet worden.

Die Staatsanwaltschaft wertete das Attentat nach ersten Ermittlungen als Spontantat. Offenbar habe der Tatverdächtige erst nach Betreten des Imbisses bemerkt, dass sich Hollstein dort aufhielt. Der 56-jährige Deutsche attackierte den Bürgermeister demnach mit einem handelsüblichen Küchenmesser mit einer 22 Zentimeter langen Klinge, das er aus seinem Rücksack zog.

Damit fügte er dem Bürgermeister laut Staatsanwaltschaft eine 15 Zentimeter lange Schnittwunde am Hals zu. Hollstein berichtete vor Journalisten, dass der ihm unbekannte 56-Jährige ihn vor der Tat mit den Worten beschimpft habe: »Sie lassen mich verdursten und holen 200 Flüchtlinge nach Altena.«

Den Ermittlern zufolge soll der mutmaßliche Täter gesagt haben: »Du drehst mir mein Wasser ab, und Du bist schuld, dass ich nichts zu saufen bekomme.« Bei dem mutmaßlichen Attentäter wurde ein Blutalkoholwert von 1,1 bis 1,2 Promille festgestellt. Laut Staatsanwaltschaft ergaben die bisherigen Ermittlungen keine Hinweise darauf, dass der Mann »in der rechten Szene in organisierter Form« tätig war.

Pauli zufolge deuten bisherige Ermittlungsergebnisse auf psychische Probleme des Mannes hin. Die Ermittler beantragten daher eine psychologische Untersuchung, die Klarheit über die Schuldfähigkeit des 56-Jährigen bringen soll. In den Vernehmungen schwieg der am Dienstagnachmittag dem Haftrichter vorgeführte Beschuldigte zunächst zu den Vorwürfen - er wolle sich über einen Anwalt äußern, sagte der Leiter der Hagener Mordkommission, Ralf Eickler.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte den Angriff. »Schreckliche Nachricht aus Altena«, schrieb er am Dienstagmorgen auf Twitter und wünschte Hollstein gute Besserung. »Dürfen niemals akzeptieren, dass Menschen attackiert werden, nur weil sie anderen helfen. In unserem Land darf kein Platz sein für Hass und Gewalt«, ergänzte der Minister. Auch Angela Merkel (CDU) hat sich nach dem Messerangriff bestürzt geäußert. »Ich bin entsetzt über den Messerangriff auf Bürgermeister Andreas Hollstein - und sehr erleichtert, dass er schon wieder bei seiner Familie sein kann«, twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag im Namen der Kanzlerin.

LINKEN-Ko-Chefin Katja Kipping hat die AfD für die Messerattacke auf Hollstein mitverantwortlich gemacht. »Wer wie die AfD agitiert, muss sich vorwerfen lassen, Gewalttäter wie in Altena regelrecht zum Handeln zu ermutigen«, sagte Kipping der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag in Berlin. »Gewaltverbrechen wie gegen Andreas Hollstein sind auch die Folge einer ständigen rechtspopulistischen Hetze«, fügte die LINKEN-Chefin hinzu.

Hollstein zeige in seiner Gemeinde »beispielhaft Herz und Haltung gegenüber Geflüchteten«. Er habe dafür »nicht nur breite Unterstützung, sondern auch immer wieder Hass-Mails« bekommen, betonte Kipping weiter. Sie sei sehr besorgt über »dieses zunehmende Klima der Gewalt gegen Menschen mit einer liberalen Haltung wie Andreas Hollstein«. Agenturen/nd

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