Falsche Genehmigung - Kaufpreis zurück?
VW-Abgasskandal ohne Ende
Im VW-Abgasskandal, der nach wie vor viele Leserinnen und Leser beschäftigt, ist kein Ende abzusehen. Allein in Deutschland muss Volkswagen 2,6 Millionen manipulierte Diesel nachrüsten. Über die Internet-Plattform »myright.de« reichten Anfang November mehr als 15 000 VW-Kunden Klagen auf Schadenersatz beim Landgericht Braunschweig ein.
Wie ist die zivilrechtliche Lage gegenwärtig?
Viele der Dieselfahrer verlangen auch in Deutschland eine Entschädigung. Nach Konzernangaben sind gut 7000 zivilrechtliche Verfahren anhängig. Dazu kommen die neuen Klagen über »myright.de« und die US-Kanzlei Hausfeld, die - ähnlich wie bei Musterklagen im Kapitalmarktrecht - gebündelt werden sollen.
Wie haben deutsche Gerichte bisher entschieden?
Hierzulande entschieden mehrere Gerichte, dass die Manipulationen keine Pflicht zur Kaufpreiserstattung bedeuten. Es gibt aber auch andere Urteile. Nach VW-Angaben wurde bislang 900 zivilrechtliche Fälle entschieden. In 70 bis 75 Prozent hätten die Gerichte die Klage abgewiesen. Die Tendenz sei gleichbleibend. Experten gehen davon aus, dass VW und die Kläger-Anwälte letztlich auf außergerichtliche Vergleiche setzen. Das Landgericht Braunschweig beschloss zudem, die Schadenersatzklage eines Kunden vorerst nicht an den Europäischen Gerichtshof weiterzugeben.
Wie argumentieren die Anwälte der Kläger?
Entscheidend für die Anwälte ist die Frage, ob die von VW ausgestellte Bescheinigung zum Übereinstimmen mit der Typgenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts korrekt ist. Der Käufer habe sich auf die Richtigkeit verlassen. Diese Angaben seien aber falsch gewesen, der Einbau von Abschalteinrichtungen sei nicht gestattet, so die Kläger-Anwälte.
Heißt das, dass der Kunde sein Geld zurückbekommt?
»myright.de« verlangt von VW, den Kunden den Kaufpreis gegen Rückgabe der betreffenden Autos zu erstatten. Die Aussichten der Kläger werden als gut beurteilt. Wer als Hersteller Kunden täuscht und Fahrzeuge auf dem Markt bringt, die nicht vorschriftsmäßig sind, macht sich schadenersatzpflichtig. Daran kann es aus Sicht der Anwälte keinen Zweifel geben.
Geht es bei den zivilrechtlichen Fällen um »Sammelklagen«, wie die Anwälte sagen?
Echte Sammelklagen wie im US-Recht gibt es in Deutschland bisher nicht. Was diesen nahe kommt, ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz. Damit werden erstmals im deutschen Recht vergleichbare kapitalmarktrechtliche Klagen von Anlegern im Streitfall zwischen Unternehmen und Aktionären effektiv gebündelt. In dem konkreten Fall in Braunschweig stützen sich die Anwälte auf eine sogenannte Anspruchshäufung aus dem Paragraf 260 der Zivilprozessordnung. Darin heißt es sinngemäß, dass mehrere Ansprüche in einer Klage verbunden werden können, wenn sie sich gegen einen Beklagten richten und ein Gericht zuständig ist. Ein solches Konstrukt ist in Deutschland eher ungewöhnlich. Das Gericht hat die Klage noch nicht zugelassen und prüft derzeit die Unterlagen.
Wie ist der Stand mit der Umrüstung manipulierter Diesel?
Kurz vor dem Ziel. Deutlich mehr als zwei Millionen Autos in Deutschland seien umgerüstet, so die Angaben eines VW-Sprechers. Das entspreche gut 90 Prozent der betroffenen Autos mit Dieselmotoren des Typs EA189, und zwar aller Konzernmarken. Beschwerden von Kunden gebe es kaum. Das Update funktioniere, Weltweit seien etwa 6,25 Millionen Fahrzeuge umgerüstet. Bis zum Jahresende soll das Update abgeschlossen sein. dpa/nd
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