Opelaner bangen um ihre Jobs

Käufer PSA will wegen überhöhter Abgaswerte offenbar Geld von GM zurück

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Donnerstagmorgen ist die Aufregung im Rhein-Main-Gebiet groß. Neue Ängste über die Zukunft von Opel machen sich breit. Denn der französische Autokonzern PSA Peugeot Citroën fordert nach Insiderberichten von US-amerikanischen Ex-Opel-Mutter General Motors (GM) rund die Hälfte des Kaufpreises zurück und bereitet entsprechende juristische Schritte vor.

PSA hatte erst im vergangenen Sommer Opel erworben und dafür einen Kaufpreis von rund 1,3 Milliarden Euro vereinbart. Nun sehe sich die Pariser PSA-Konzernspitze von Opel wegen zu hoher CO2-Emissionswerte der Verbrennungsmotoren getäuscht, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach liege der durchschnittliche Ausstoß deutlich höher als bei den PSA-Modellen. Offenbar fürchten die Spitzenmanager, dass die schärferen EU-Abgasvorschriften verfehlt werden und dadurch hohe Strafzahlungen mit sich bringen.

PSA wollte die Gerüchte offiziell nicht kommentieren, für die Opelaner an den deutschen Standorten Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach werfen sie aber viele Fragen auf. Erst vor wenigen Wochen hatten die Opel-Stammbelegschaft, Lokal- und Landespolitiker in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen die Zusage der Konzernzentrale begrüßt, dass im Rahmen des von PSA-Chef Carlos Tavares präsentierten »Zukunftsplans« weder Standortschließungen noch betriebsbedingte Kündigungen geplant seien. Allerdings hatte PSA dabei auch eine radikale Senkung der Lohnkosten verlangt.

Nun befürchten viele, dass die Pariser Hinweise auf hohe Schadstoffwerte wie eine negative PR-Meldung wirken und der Absatz der Opel-Fahrzeuge darunter leiden wird. Dies und der Verweis auf anhaltende Defizite und mangelnde Profitabilität Opels könnten wiederum den Vorwand dafür liefern, von bisherigen Zusagen zur Arbeitsplatzsicherheit abzurücken und die verunsicherte Belegschaft »weichzuklopfen« und zu spalten.

Solche Gedanken lösen bei den krisenerfahrenen Opelanern, die seit über einem Jahrzehnt zwischen Hoffen und Bangen schwanken, ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit neue Zukunftsängste aus. Die Ankündigung, dass die Opel-Werke komplett auf PSA-Technologie umgerüstet werden sollen, wirft zudem die Frage nach der Zukunft des Rüsselsheimer Entwicklungszentrums auf.

Dass es im Konzern nicht rund läuft, zeigt der sich zuspitzende Konflikt zwischen dem Opel-Betriebsrat und der Geschäftsleitung. Das Management wolle mit einer »Salamitaktik« bei harten Einsparungen durch Druck auf die Belegschaft rasch Fakten schaffen und missachte dabei die gesetzlichen Mitbestimmungs- und Kontrollrechte des Betriebsrats, so der Vorwurf aus den Reihen der Interessenvertreter und Gewerkschafter. Die Geschäftsleitung dränge durch gezielten Druck auf einzelne Beschäftigte hinter dem Rücken des Betriebsrats auf Organisationsänderungen, heißt es in einer Betriebsratsinfo.

Zu den Opfern, die beim »Zukunftsplan« für Opel mit Sicherheit auf der Strecke bleiben, gehören zahlreiche Leiharbeiter, die bisher rund um das Rüsselsheimer Stammwerk und auch an den anderen Standorten eingesetzt waren. Nach nd-Recherchen sind davon Verträge mit namhaften Zeitarbeitsfirmen wie Adecco, Job AG, WICO oder IK Hofmann betroffen. Die Leiharbeiter sollen vorerst durch Beschäftigte aus den Stammbelegschaften der nicht ausgelasteten Werke in Eisenach, Kaiserslautern und Gliwice (Polen) ersetzt werden. Rund um das Entwicklungszentrum sind viele hoch qualifizierte Spezialisten per Werkvertrag eingesetzt. Auch bei ihnen drohen betriebsbedingte Kündigungen, sobald die vereinbarten Projekte auslaufen.

Opel ist nicht der einzige angeschlagene Industriebetrieb im Rhein-Main-Gebiet. So gingen am Donnerstagnachmittag im nahen Offenbach die Beschäftigten des von der Schließung bedrohten Siemens-Werkes mit derzeit rund 800 Arbeitsplätzen auf die Straße.

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