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Über 1000 Angriffe auf Flüchtlinge 2017
Anfrage der LINKEN ergibt: Zahl der Übergriffe außerhalb von Asylunterkünften gestiegen / Innenexpertin Jelpke gibt AfD die Mitschuld / Fast 20.000 Flüchtlinge abgeschoben
Berlin. Die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge außerhalb der Unterkünfte ist im dritten Quartal 2017 gestiegen. Von Juli bis September gab es 425 solcher Übergriffe, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe darüber berichtet.
Demnach stieg die Zahl der Übergriffe zuletzt wieder an, nachdem im ersten Quartal 318 und im zweiten 324 Angriffe auf Flüchtlinge außerhalb ihrer Unterkunft verzeichnet worden waren. Im dritten Quartal wurden bei diesen Übergriffen 76 Menschen verletzt. Insgesamt gab es bei den zusammengerechnet 1067 Angriffen in den ersten neun Monaten des Jahres 230 Verletzte.
Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke erklärte, mit der Zunahme im dritten Quartal habe sich der Trend einer kontinuierlichen Abnahme seit Anfang 2016 umgekehrt. »Die von der AfD und anderen rechten Gruppen betriebene Hetze gegen Geflüchtete ist eine reale Bedrohung für diese Menschen«, so Jelpke.
»Wer Menschen anderer Herkunft fast täglich verächtlich macht, wie es die AfD tut, der trägt Mitverantwortung für diese Gewalt«, kritisierte die Linken-Politikerin. Der Messerangriff auf den Bürgermeister von Altena sei da leider nur die Spitze eines Eisbergs. Der Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt, die als Vorzeigekommune bei der Integration von Flüchtlingen gilt, war Ende November von einem 54-Jährigen angegriffen worden.
Regierung will Integration finanzieren – im Ausland
Unterdessen kündigte die Bundesregierung an, durch finanzielle Förderungen die »freiwillige Rückkehr« abgelehnter Asylbewerber auszuweiten. Bis zum 28. Februar kann laut Bundesinnenministerium eine zusätzliche »Reintegrationsunterstützung« von bis zu 3000 Euro beantragt werden. Familien könnten Sachleistungen zum Beispiel für Miete, Bau- und Renovierungsarbeiten oder die Grundausstattung im Wert von bis zu 3000 Euro bekommen, Einzelpersonen im Wert von bis zu 1000 Euro. Damit werde das im Februar gestartete Ausreiseprogramm »Starthilfe plus« erweitert.
Bislang erhalten Flüchtlinge über zwölf Jahren, die sich bereits vor Abschluss des Asylverfahrens für eine Rückreise entscheiden und den Asylantrag zurücknehmen, 1200 Euro, Kinder 600 Euro. Eine Familie mit einem Kind konnte also 3000 Euro erhalten, bei Inanspruchnahme des neuen Programms das Doppelte.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) appellierte in der »Bild am Sonntag« an abschiebebedrohte Flüchtlinge, von dem Angebot Gebrauch zu machen: »Wenn Sie sich bis Ende Februar für eine freiwillige Rückkehr entscheiden, können Sie neben einer Starthilfe erstmals eine Wohnkostenhilfe für die ersten zwölf Monate in Ihrem Herkunftsland erhalten.« Die bisherige Ausreiseförderung haben laut »Bild am Sonntag« zwischen Februar und Oktober 2017 nur 8639 Menschen in Anspruch genommen. Der Zeitung zufolge leben 115.000 abgelehnte Asylbewerber in Deutschland. 80.000 von ihnen würden derzeit geduldet. Abgeschoben worden seien von Januar bis September 19.520 Menschen. Agenturen/nd
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