Kein Luxus bei Amazon

EuGH urteilte über Verkaufsverbote von Waren mit besonderem Image

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Parfüm von Calvin Klein oder Chloé - noch erscheinen auf dem Amazon-Marktplatz Produkte des Luxuskosmetikanbieters Coty. Verkauft werden sie dort unter anderem durch die Parfümerie Akzente, einem Vertriebspartner von Coty. Das wird sich wohl zukünftig ändern, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Mittwoch in Luxemburg, dass Anbieter von Luxusprodukten ihren Vertragshändlern verbieten können, die Waren über eine Drittplattform wie Amazon oder Ebay zu verkaufen (Az. C-230/16). Mit einem Verbot könne das Luxusimage der Produkte sichergestellt werden, deren Qualität auch »auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht«, beruhe.

Vorgelegt hatte den Fall das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Der Anbieter von Luxuskosmetik, Coty Germany, hatte seinen autorisierten Händlern das Internetgeschäft mit Parfüms zwar als »elektronisches Schaufenster« der Akzente-Ladengeschäfte erlaubt. Den Verkauf über die Massenhandelsplattformen Ebay und Amazon aber hatte er verboten. Als sich ein Händler nicht daran hielt, zog Coty vor Gericht - mit Erfolg.

Dem EuGH zufolge verstößt ein selektives Vertriebssystem, das vor allem sicherstellen soll, dass Luxuswaren auch als solche wahrgenommen werden, grundsätzlich nicht gegen EU-Recht. Die Auswahl der Wiederverkäufer müsse aber anhand objektiver Gesichtspunkte erfolgen, die für alle einheitlich festgelegt sein müssten. Der Gerichtshof wies zudem darauf hin, dass die Qualität von Luxuswaren nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften beruht, sondern auch auf ihrem »Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht«. Diese Ausstrahlung sei ein wesentliches Element solcher Waren, da die Verbraucher sie dadurch von anderen ähnlichen Produkten unterscheiden können. Daher ist eine Schädigung der luxuriösen Ausstrahlung geeignet, die Qualität der Waren selbst zu beeinträchtigen.

Der Bundesverband Onlinehandel kritisierte das Urteil. »Klarheit in diesem Fall lässt der EuGH leider vermissen«, sagte Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel (BVOH). »Es gibt keine klare Definition von Luxus und damit ist einem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet.«

Dagegen zeigte sich der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) zufrieden. Mit dem Urteil mache der EuGH »in erfreulicher Deutlichkeit Schluss mit ungerechtfertigten Verboten, Waren auch auf Marktplätzen und Plattformen vertreiben zu können«, sagte bevh-Präsident Gero Furchheim. »Wenn nach objektiven Maßstäben erstellte echte Qualitätsanforderungen durch einzelne Vertriebskanäle - stationär wie online - nicht erfüllt werden, kann der Selektivvertrieb auch in Zukunft zum Schutz von Hersteller, Fachhandel und Verbraucher eingeschränkt werden. Und das ist gut so.« Auch die beklagte Parfümerie Akzente interpretierte den Spruch des EuGH als »deutlichen Erfolg für uns und den Online-Handel«. Pauschalen Plattformverboten sei ein Riegel vorgeschoben worden, erklärte die Firma.

Das Bundeskartellamt verwies darauf, dass der EuGH sich offenbar nur auf »echte Prestigeprodukte« beziehe. Hersteller von »Markenware außerhalb des Luxusbereichs« hätten weiter »keinen Freibrief, ihre Händler bei der Nutzung von Verkaufsplattformen pauschal zu beschränken«.

Immer wieder versuchen Markenhersteller, Händlern zu verbieten, ihre Produkte auf Internetmarktplätzen zu verkaufen. So hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einer anderen Entscheidung dem Rucksackhersteller Deuter erlaubt, den Verkauf seiner Produkte über den Marktplatz Amazon zu verbieten. Die Unternehmen hätten ein berechtigtes Interesse, eine qualitativ hochwertige Beratung sicherzustellen und dürften daher den Vertrieb bei Amazon untersagen, erklärte das Gericht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.