Minister strafen Abgeordnete Lügen

Innenministerkonferenz setzt Debatte mit der AfD im Bundestag über Rückführung syrischer Kriegsflüchtlinge fort

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.

Die aufregendste Meldung vom Treffen der Minister schien am Donnerstag jene über die »Prepper« zu sein. Das sind Leute, die sich auf den nahenden Untergang des Staates vorbereiten - den sie nicht selten in Form von Flüchtlingsmassen kommen sehen. Die Prepper, deren Name sich aus dem englischen »to be prepared« (»vorbereitet sein«) herleitet, legen sich Vorräte, aber nicht selten auch Waffen zu, die Behörden ordnen sie dem rechten Rand der Gesellschaft zu. Genaueres soll nun staatliche Beobachtung zutage fördern.

Das Thema, mit dem die Ministerrunde bereits im Vorfeld für Unruhe sorgte, ist jedoch das der syrischen Kriegsflüchtlinge. Dem Ministertreffen lag ein Vorschlag aus Bayern und Sachsen vor, nach dem geprüft werden solle, ob die Sicherheitslage in Syrien eine Rückführung von Kriegsflüchtlingen zulasse. Zunächst gehe es, so die wie häufig zur Beruhigung angefügte Botschaft, um Gefährder und Straftäter.

Dass der Vorschlag aus diesen beiden Bundesländern kommt, erklärt sich als taktischer Vorstoß der Regierungsparteien CSU beziehungsweise CDU, die jeweils vor Landtagswahlen stehen und diese wegen soeben bei der Bundestagswahl erlebten Abstürze als besonders bedrohlich empfinden. Eine besonders unerbittliche Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten scheint Innenpolitikern regelmäßig das geeignete Mittel gegen Wählerverluste. Beide Parteien haben am 24. September überdurchschnittlich Stimmen an die AfD verloren und versuchen auf diese Weise gegenzusteuern. Das Dilemma, in das sie dabei geraten, zeigte sich während einer Debatte in der letzten Woche im Bundestag, als ein Antrag der AfD auf die Rückführung syrischer Kriegsflüchtlinge abzielte. Auch die Abgeordneten der Union sprachen sich gegen den Antrag aus und argumentierten dabei einerseits mit der katastrophalen Lage in dem Land und andererseits mit den Menschenrechten, an die Deutschland gebunden ist. Es sei nach den »Grundsätzen der Humanität nicht verantwortbar«, meinte etwa David Wadephul (CDU), auch nur »einen einzigen Menschen in dieses Land zurückkehren zu lassen«. Mit dem Ziel eines Rückführungsabkommens mit Diktator Assad agiere die AfD »entweder grenzenlos naiv oder bodenlos menschenverachtend«.

Nun haben die Landesregierungen von Sachsen und Bayern offenbar das selbe Ziel im Sinn. Es geht um die notwendige weitere Verlängerung eines seit 2012 geltenden Abschiebestopps nach Syrien, die nach dem Willen des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) nur noch für ein halbes Jahr vorgenommen werden sollte. Was von der Linksparteivorsitzenden Katja Kipping am Donnerstag mit dem Satz kommentiert wurde, die Union liefere sich mit der AfD ein »Wettrennen um Applaus aus der rechten Ecke, bei dem die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt«. Allerdings erfuhr Ulbig auch aus den Reihen der Minister Widerspruch. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) wurde von der Agentur dpa mit den Worten zitiert, die Situation in Syrien spreche gegen Abschiebung, »schlicht und ergreifend«. Sinnvoll sei allerdings, die Lage in Syrien neu zu bewerten. Auch für Straftäter, so Pistorius, gälten Artikel 1 des Grundgesetzes und die Europäische Menschenrechtskonvention. »Beide verbieten uns, Menschen Folter oder menschenunwürdiger Behandlung auszusetzen.«

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl spricht von »absurden Debatten« der Innenminister. Geschäftsführer Günter Burkhardt warnte, damit würden Zehntausende Syrer, die einen Aufenthaltsstatus hätten, verunsichert und ihre Integrationschancen aufs Spiel gesetzt. Burkhardt weist darauf hin, dass auch das Flüchtlingshilfswerk UNHCR ein Moratorium für Abschiebungen nach Syrien gefordert habe. Geflohene Syrer brauchten einen sicheren Aufenthalt und das Recht, ihre Familien nachzuholen. Der Nachzug von Angehörigen soll nach dem Willen der Union über den März 2018 hinaus ausgesetzt bleiben.

Einem Bericht des NDR zufolge ging es in Leipzig auch um einen Fonds, aus dem Forderungen an ehrenamtliche Flüchtlingshelfer bestritten werden sollen. Viele gingen Bürgschaften für ihre Schützlinge ein und sind jetzt mit finanziellen Forderungen von Ämtern konfrontiert.

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