Wohnungen für den Zusammenhalt

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher will den Neubau beschleunigen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Initiativen der Politik sollen einen schnelleren Wohnungsneubau fördern. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) zufolge will das Abgeordnetenhaus zum einen die Gültigkeit von Baugenehmigungen verkürzen. Das soll die Spekulation mit Bauland begrenzen und dafür sorgen, dass erteilte Genehmigungen in kürzeren Zeiträumen umgesetzt werden. Denn von knapp 95 000 Wohnungen, die zwischen 2007 und 2016 genehmigt wurden, wurden in dem Zeitraum nur 54 Prozent realisiert. Das ist mit Abstand die schlechteste Quote unter den sieben größten deutschen Städten.

»Unser großes Problem ist auch das Zusammenspiel von Wohnungsbau und Naturschutz«, sagt die Senatorin. Sie möchte eine Clearingstelle etablieren, die den Interessenausgleich ressortübergreifend regelt. »Ich bin sehr froh, dass sich die Senatsklausur im Januar damit beschäftigen wird«, so Lompscher. Als ehemalige Umweltsenatorin strebe sie eine ehrliche Abwägung an, verspricht sie.

»Den sozialen Zusammenhalt in Berlin zu erhalten, ist in unser aller Interesse«, erklärt Lompscher gleich zu Beginn des Wohn-Dialogs Berlin am Donnerstag. »Denn wenn aus Wohnungsmangel Wohnungsnot und schließlich Wohnungselend wird, kann man das nicht mehr einfach mit Neubau lösen«, warnt sie vor drohenden großen Verwerfungen. Bei dem vom Unternehmen Heuer Dialog organisierten Branchentreffen der Immobilienwirtschaft sprechen Vertreter von Politik, Privatwirtschaft und landeseigenen Wohnungsunternehmen über den Neubau »zwischen Markt und Regulierung«.

Lompscher plädiert nicht nur für die reine Befriedigung des Bedarfs, sondern auch »für den Erhalt von Möglichkeitsräumen« in der Stadt. »Das ist eine Qualität, die in der Stadt erhalten werden muss«, sagt die Senatorin. »Man kann nicht mehr unter zehn Euro pro Quadratmeter bauen, vielleicht sogar nicht unter zwölf«, so Lompscher. Sie appelliert an die private Immobilienwirtschaft, auch die Förderprogramme für preisgebundenen Wohnraum zu nutzen. Dies sei im im Sinne der Berliner Mischung. Aber natürlich sei es in einer Nullzinsphase am Kapitalmarkt einfacher, diese Programme nicht zu nutzen.

Die Besorgnis um die richtige Mischung in der Stadt treibt durchaus auch private Immobilienentwickler um. »Wenn wir Wohnungen bauen, die 5000 Euro pro Quadratmeter kosten, dann verliert Berlin ein Gleichgewicht, das die Stadt so sexy gemacht hat«, sagt Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB Projektmanagement. »Wirken die Quartiere in die Nachbarschaft oder in unsere Geldbeutel?«, fragt er. »Es ist der Kapitalzuwachs, der nach Berlin kommt, kein nachhaltiges Wachstum«, konstatiert Bestgen.

Der Projektentwickler ist auch Anhänger des Berliner Modells, nachdem bei größeren Wohnungsbauprojekten 30 Prozent der Flächen preisgebunden für 6,50 Euro vergeben werden müssen. »Das ist kein Renditefresser. Es ist viel besser als der Kuhhandel davor, bei dem alle drei Monate vom Bezirk ein neuer Wunsch herangetragen wurde«, so seine Erfahrung.

Als großes Hindernis für die Entwicklung neuer Wohngebiete wird von allen Beteiligten die hinterherhinkende Verkehrsplanung identifiziert. Ein konkreter Fall ist der »Blankenburger Süden«, wo rund 6000 Wohnungen entstehen sollen. Immer lauter wird die Kritik aus der Stadtentwicklungsverwaltung, dass die Verkehrsverwaltung mit der Planung nicht fertig wird.

Ein Riesenproblem sind die explosionsartig steigenden Bodenpreise. »Dass die Stadt nicht jeden Acker kauft, der zur Verfügung steht, und über die eigene Baulandentwicklung den Kauf refinanziert, ist das größte Verbrechen«, sagt Christian Ruhdorfer, Geschäftsführer der MUC Real Estate.

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