Umwelthilfe: Stickoxide-Grenzwerte in viel mehr Städten zu hoch

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Berlin. Die Grenzwerte für den Ausstoß der Stickoxide-Abgase von Dieselfahrzeugen werden aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe in viel mehr Städten überschritten als offiziell angegeben. »Wir gehen davon aus, dass statt in 90 Städten in 300 bis 400 Orten die Grenzwerte überschritten werden«, sagte der Geschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, am Dienstag in Berlin. Er bezog sich auf Daten nicht-öffentlicher Messungen. Das offizielle Netz an Messstationen in Deutschland sei nicht dicht genug.

Nach Daten des Bundesumweltministeriums liegt die Schadstoffbelastung in rund 90 deutschen Städten über den zulässigen Grenzwerten. Im kommenden Jahr drohen gerichtlich erzwungene Fahrverbote für ältere Dieselautos in Städten. Am 22. Februar wird eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig erwartet.

Stickstoffdioxid: Fahrverbote drohen
Weitaus mehr Berliner als bisher bekannt sind von einer zu hohen Stickstoffoxid-Belastung betroffen. Nach Messungen, die der rbb zusammen mit der Technischen Universität Berlin (TU) durchgeführt hat, liegen die Werte an 73 von insgesamt 110 Messstandorten über dem zulässigen EU-Grenzwert. Das Messnetz des Landes umfasst nach Angaben des Senders lediglich 39 Standorte. Gemessen wurde in drei Zyklen über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg im Oktober und November 2017. Die höchste Belastung wurde am Görlitzer Bahnhof in Kreuzberg festgestellt. Dort wurde eine Belastung von 77 Mikrogramm gemessen, gesetzlich erlaubt sind im Jahresmittel höchstens 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. »Es wird nicht reichen, mit Tempo-30-Zonen zu arbeiten. Berlin kommt um ein Fahrverbot nicht herum«, sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, dem rbb. dpa/nd

Resch bekräftigte seine Forderung, dass »schmutzige Diesel« von der Straße müssten. Der Bundesregierung warf er »Totalversagen« vor: »Die Behörden werden nur aktiv, wenn sie unter Druck gesetzt werden.« Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte eine Vielzahl von Klagen vor Gerichten eingereicht, damit Luftreinhaltepläne eingehalten werden. In der Autobranche wird sie als »Abmahnverein« kritisiert.

Der DUH-Geschäftsführer begrüßte Aussagen von VW-Chef Matthias Müller, der sich für die Einführung einer blauen Plakette für besonders emissionsarme Autos in Städten ausgesprochen hatte. Dies sei eine »Blamage« für die Bundesregierung. Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) hatte irritiert auf die Äußerungen Müllers reagiert: »Dass die Automobilindustrie Fahrverbote fordert, verwundert sehr.« Die blaue Plakette bedeute »nichts anderes als die kalte Enteignung von Millionen von Diesel-Besitzern«.

Die Tatenlosigkeit in den vergangenen vier Jahren bei der Luftreinhaltung sowie beim Natur- und Klimaschutz zeige, welchen geringen Stellenwert Umwelt- und Verbraucherschutz für die Bundesregierung habe, kritisierte Umwelthilfe-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Dienstag in Berlin. Internationale Klimaschutzvereinbarungen würden nicht umgesetzt, bestimmte Industrien diktierten sich ihre Gesetze selbst und eine behördliche Kontrolle sowie die Durchsetzung von umweltbezogenen Verbraucherschutzregelungen finde nicht statt. Agenturen/nd

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