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»Lieber kein Gesetz als dieses«

Hessens schwarz-grüne Koalition macht auf Transparenz, die Ausnahmen überwiegen

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Dieser Tage hat der Hessische Landtag in erster Lesung einen umfangreichen Entwurf der schwarz-grünen Regierungskoalition für ein Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz beraten. Damit soll das Datenschutzrecht des Landes an neue EU-Vorgaben angepasst werden. Oppositionsparteien und Verfechter digitaler Freiheitsrechte kritisieren das geplante Gesetz als das bundesweit schlechteste seiner Art.

»Mit dem Entwurf werden die Rechte des Hessischen Datenschutzbeauftragten deutlich erweitert und gestärkt«, erklärte der Grünen-Abgeordnete Jürgen Frömmrich. »Die Verwaltung wird transparenter. Die Bürger bekommen einen Anspruch auf rasche Auskunft der Behörden zu ihren Anfragen«, verteidigte der Parlamentarier die Vorlage. Die Grünen hatten 2013 im Koalitionsvertrag mit der CDU die Zusage eines Informationsfreiheitsgesetzes verankert.

Doch wo Frömmrich Licht sieht, erkennen andere Schatten. »Aufatmen in Baden-Württemberg: Das Bundesland wird bald nicht mehr das schlechteste Informationsfreiheitsgesetz Deutschlands haben«, spottet die von dem Berliner Blogger Markus Beckedahl initiierte Internetplattform netzpolitik.org über die schwarz-grüne Vorlage. Bisher habe Hessen neben Bayern, Sachsen und Niedersachsen zu den Ländern ohne Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen gehört. Dies werde sich auch mit dem Gesetzentwurf nicht grundlegend ändern.

»Von dem Grundsatz, dass amtliche Informationen von Behörden auf Antrag veröffentlicht werden müssen, ist nicht viel übrig geblieben«, bemängelt ein weiterer Beitrag auf netzpolitik.org. Tatsächlich seien nach dem Gesetzestext nur Landesbehörden zur Auskunft verpflichtet. Für Gemeinden und Landkreise, die in anderen Ländern die meisten Informationsanträge erhielten, sei die Auskunftserteilung an Bürger nur auf freiwilliger Basis und nicht als Verpflichtung vorgesehen, so die Kritik.

Beckedahl missfällt, dass nach dem Gesetzestext vor allem auch das Landesamt für Verfassungsschutz gänzlich von der Auskunftspflicht befreit wird. Es war wegen fragwürdiger Kontakte in die rechtsterroristische Szene in die Kritik geraten. Auch die Landespolizei muss keine Auskunft geben. In anderen Ländern hingegen sehen Informationsfreiheitsgesetze vor, dass Polizeibehörden allesamt Auskunft erteilen müssten. »Eine öffentliche Kontrolle der Institutionen soll in Hessen verhindert werden«, heißt bei netzpolitik.org.

Scharfe Kritik übt auch die oppositionelle SPD. »Wer auf Transparenz für die Bürger gehofft hatte, der sieht sich getäuscht«, erklärte der Abgeordnete Rüdiger Holschuh. »So was kommt dabei raus, wenn die Grünen ein Gesetz wollen und die CDU nicht. Dann gibt es ein Gesetz, das eigentlich für niemanden gilt und niemandem etwas bringt.« Gerade die führende Regierungspartei mit ihrer langen Skandalchronik schrecke zurück. »Transparenz ist der natürliche Feind der CDU«, so Holschuh.

»Das Gesetz steht in der hessischen Tradition des Mauerns und der Intransparenz«, bemängelt der Abgeordnete Ulrich Wilken (LINKE). Gerade gegenüber Gemeinden und Kreisen bestehe ein großes Interesse an amtlichen Informationen. Ein echtes Transparenzgesetz müsse daher alle öffentlichen Stellen einbeziehen und festschreiben, welche amtlichen Informationen, Daten und Dokumente schon ohne Anfrage aktiv zu veröffentlichen seien. Dazu gehörten auch Verträge zur Daseinsvorsorge und wesentliche Regelungen wie erteilte Baugenehmigungen, sagt Wilken.

»Die Grünen agieren obrigkeitsstaatlich und haben Angst vor informierten, mündigen Bürgern, die im Zweifelsfalle Verwaltungshandeln kontrollieren«, sagt der LINKEN-Abgeordnete Wilken an die Adresse der einstigen Öko- und Bürgerrechtspartei. »Lieber kein Gesetz als dieses.«

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