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Kein Platz für den Seiteneinsteiger

Sachsen: Die plötzliche Entlassung von Kurzzeit-Minister Haubitz sorgt für Unruhe

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Ohne Seiteneinsteiger geht in Sachsens Schulen nichts mehr. Weil Tausende Lehrer benötigt werden, es aber an ausgebildeten Bewerbern fehlt, werden Umsteiger aus anderen Berufen in die Klassenzimmer geschickt. Ihr Anteil an den Neueinstellungen liegt bei über 50 Prozent, in Grund- und Oberschulen sind es fast zwei Drittel.

In Sachsens Kabinett lag die Quote der Seiteneinsteiger seit Oktober bei zehn Prozent. Der scheidende CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte das Kultusressort dem Schuldirektor Frank Haubitz anvertraut. Er war der einzige von zehn Ministern, der nicht aus dem politischen Betrieb stammte, also zuvor Abgeordneter, Landrat oder Bürgermeister gewesen war. Zuletzt war mit Georg Unland vor fast zehn Jahren ein Quereinsteiger Finanzminister geworden; er war zuvor Hochschuldozent.

Seit zu Wochenbeginn Sachsens neuer Regierungschef Michael Kretschmer seine Ministerriege vorgestellt hat, liegt die Quote der Quereinsteiger indes wieder bei null. Der Tillich-Nachfolger berief Vertraute aus der Jungen Union und Berliner Ministerialbeamte; Haubitz aber musste sein Ministerium nach nur 57 Tagen wieder abgeben. Ein in Sachsen beispielloser Vorgang, der unter Haubitz’ Kollegen viel Ärger erregt. Von »Unverständnis, Empörung und Resignation« in den Lehrerzimmern berichtet der Sächsische Lehrerverband; der Philologenverband im Freistaat ätzt, Kretschmers »Plan gegen Politikverdrossenheit« bestehe offenbar darin, einen »Fachmann mit Ambitionen und Ideen« abzuservieren. Der Bundesverband der Philologen hält es für fraglich, ob die von Sachsens CDU angestrebte »Konsolidierung« so zu erreichen sei.

Kretschmer selbst fand für den Kurzzeit-Minister warme Worte zum Abschied: Dieser habe »die Tür für Veränderungen mutig aufgestoßen«. Das bezieht sich auch auf einen Vorstoß, Lehrern in Sachsen wieder den Beamtenstatus zu verleihen. Den hatte Haubitz freilich nicht abgestimmt - vor allem nicht mit der CDU-Fraktion, die in der Frage gespalten ist. Entsprechend schwammig fiel ein dort gefasster Beschluss aus. Als Haubitz diesen dennoch als Bestätigung seiner Idee verkaufte, platzte CDU-Abgeordneten der Kragen; der Rücktritt wurde gefordert. Dass dem Direktor nun mit Christian Piwarz ein Minister folgt, der keine praktische Erfahrung im Schulbereich hat, aber seit elf Jahren im Landtag sitzt, nennt LINKE-Fraktionschef Rico Gebhardt einen »Kniefall« vor der CDU-Fraktion.

Freilich: Haubitz’ Entlassung und Piwarz’ Berufung nur als Beispiel dafür darzustellen, dass ein vermeintlich abgeschotteter politischer Betrieb keinen Platz für Fachleute aus dem »wahren« Leben bietet, führt in die Irre. Wie sich der Schuldirektor als Minister aufführte, sorgte schließlich auch bei Standeskollegen für Irritationen. »Hier will jemand mit dem Kopf durch die Wand«, heißt es etwa bei der Lehrergewerkschaft GEW. Sie bezeichnete die Pläne zur Verbeamtung als »Prestigeobjekt«, das in der »Spaltung« der Lehrerschaft münden würde. Die GEW rechnet vor, dass für das Land 500 Millionen Euro jährlich an Rücklagen für Pensionen anfielen, obwohl Nutznießer nur jene 7000 der 30 000 Lehrer wären, die jünger als 47 Jahre sind.

Vor Piwarz liegt nun die sportliche Aufgabe, einen Plan zu entwickeln, der alle sächsischen Lehrer beflügelt - und, wie der neue Regierungschef gefordert hatte, ein so »unwiderstehliches Angebot« für Absolventen bietet, dass sie nicht mehr in andere Bundesländer abwandern. Am 31. Januar soll er vorliegen. Es bleiben 42 Tage; nur 15 weniger, als manche Ministerlaufbahn in Sachsen dauert.

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