Jesus Christus ist kein Vorbild für Politik

Florian Haenes plädiert gegen Barmherzigkeit als politisches Leitmotiv - und für den Streit für soziale Rechte

  • Florian Haenes
  • Lesedauer: 2 Min.

Alle Jahre wieder erreicht uns die Nachricht, die Armut sei abermals schlimmer geworden. Diesmal in der Tafel-Variante, nach der doppelt so viele Rentner der Nahrungsmittelspenden bedürfen wie noch vor zehn Jahren. Hinter dieser Nachricht, treffsicher drei Tage vor Weihnachten platziert, steckt ein unmissverständlicher, doch leider sehr unüberlegter Appell an die Bundesregierung. Liebe Frau Merkel, schneid dir eine Scheibe ab von Jesus, sei gütig zu deinen Schäfchen.

Dies ist eine unpolitische Forderung, sie ist gefährlich und im Kern antidemokratisch. Ein Staat, der vorgibt, aus Güte zu handeln, ist in Wahrheit ein autoritärer Staat. Nichts garantiert, dass er nicht im nächsten Moment schon zur gierigen Kleptokratie mutiert. Wer einen Staat allen Ernstes um Güte bittet, denkt noch immer wie ein Untertan von Louis XIV. Wer hingegen etwas Zeitgemäßes gegen Armut unternehmen will, muss für Rechte streiten. Hartz-IV-Sätze muss man erhöhen. Vielleicht auch ein Grundeinkommen einführen. Jedenfalls braucht es einklagbare Rechtsansprüche. Nur so können sich Bürger aus Armut befreien.

Wer möchte, soll die Armen an Heiligabend trotzdem gerne zu sich nach Hause einladen und den biblischen Laib Brot mit ihnen teilen. Es würde ein unvergessliches Weihnachtsfest. Es wäre ein Zeichen der Liebe inmitten sozialer Kälte. Doch sollte man gütige Taten wie diese auf keinen Fall mit Politik verwechseln.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.