Warum eine Tafel die Spende der AfD ablehnte

Hilfseinrichtung des evangelischen Diakoniewerks in Thüringen lehnt Unterstützung durch die Rechtsaußenpartei ab

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Rund um das Jahresende sitzt bei vielen Menschen das Geld lockerer als sonst, wenn es darum geht, Gutes zu tun. Auch der AfD-Politiker Anton Friesen dachte sich, mit ein paar Euro den Wohltäter mimen zu wollen. Bereits Anfang Dezember besuchte der Thüringer Bundestagsabgeordnete die »Sonneberger Tafel« des evangelischen Diakoniewerkes in seinem Wahlkreis. Im Gepäck: Eine Spende über 100 Euro für die Suppenküche der sozialen Einrichtung.

Ungewöhnlich ist das Vorgehen des AfD-Politikers nicht. Mit Engagement für soziale Einrichtungen versuchen Vertreter der Rechtsaußenpartei bundesweit zu punkten. Für die Obdachlosenhilfe im sächsischen Meißen war kurz vor Weihnachten gleich ein AfD-Trio aktiv, darunter zwei Landtagsabgeordnete, wie es in einem Artikel der »Sächsischen Zeitung« heißt. Zum Dank für den Einsatz für »ein typisch sächsisches Weihnachtsessen mit Gans, Klößen und Rosenkohl« gab es wohlwollende Berichtersttatung in der Lokalpresse.

Anders jedoch in Thüringen: Kurz nach seiner Spende erhielt Friesen Post von der »Sonneberger Tafel«, die vor einigen Tagen sein Parteikollege Stefan Möller via Twitter veröffentlichte und die seitdem für hitzige Diskussionen sorgt. Die ersten Zeilen des Schreibens beginnen noch höflich, die Tafel bedankt sich zunächst bei Friesen. »Sie hatten uns freundlicherweise eine Spende in Höhe von 100,00 Euro zukommen lassen«, heißt es zunächst. Doch die folgenden Zeilen dürften den AfD-Politiker irritiert haben: »Diese Spende senden wir Ihnen nun wieder dankend zurück.« Beigelegt sind dem Schreiben zwei 50 Euro-Scheine.

Für ihre ablehnende Reaktion liefert die Tafel auch einen Begründung mit: »Das Menschenbild von Diakonie und Kirche ist mit dem der AfD nicht vereinbar und wir möchten uns klar davon abgrenzen«, schreibt das Hilfswerk.

AfD-Politiker Möller warf der Tafel daraufhin Scheinheiligkeit vor. Wenn es darum gehe, die AfD auszugrenzen, »dann pfeift die Elite der Diakonie auch auf die Interessen der Bedürftigen«, echauffiert sich der Landtagsabgeordnete. Auch Friesen meldete sich via Facebook zu Wort und antwortet der Tafel angriffslustig: »Sie haben völlig Recht: die Positionen der AfD sind mit denen der Evangelischen Kirche unvereinbar. Die AfD nämlich hält an christlichen Werten fest, während Sie das Christentum verraten und verkauft haben.«

Seit Tagen diskutieren nun nicht nur Twitter-Nutzer, ob es legitim ist, eine Spende auch von umstrittenen Persönlichkeiten und Vereinigungen abzulehnen. Dabei lautet der Tenor von jenen, die mit der AfD sympathisieren: Mit der Entscheidung habe die Tafel jene getroffen, die auf deren Spenden angewiesen sind.

Doch genau hier tut sich ein Knackpunkt auf, wie etwa Frieder Weigmann, Pressesprecher der Diakonie Mitteldeutschland, gegenüber der »Bild«-Zeitung betont: »Wir sind von der AfD als Gutmenschen beschimpft worden, weil wir auch Flüchtlinge betreuen. Die Diakonie ist aber für alle Menschen in Not da.«

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow begrüßte die Entscheidung. »Die Reaktionen von anderen AfD-Politikern auf die Ablehnung, die Beschimpfungen gegen die Kirche, zeigen, dass die Entscheidung der Diakonie richtig war.« SPD-Vize Ralf Stegner stellte sich ebenfalls schützend vor die Tafel: »Die Spende kam explizit von ihm als AfD-Politiker und nicht als normalem Menschen, der etwa Geld in den Klingelbeutel steckt. Da hat die Diakonie, die auch Flüchtlingsbetreuung macht, das gute Recht, diese Spende zurückzuweisen«.

Unterm Strich könnte sich die Aufregung vielleicht sogar gelohnt haben: In den sozialen Netzwerken finden sich vermehrt Aufrufe, an die Tafeln zu spenden, damit diese auch in Zukunft nicht auf die Hilfe der AfD angewiesen sind.

Nach der Veröffentlichung des Briefes in sozialen Netzwerken und in lokalen Medien seien bei der Diakonie über die Weihnachtsfeiertage mehr als 130 Mails mit »mehr oder weniger anständigem Inhalt« eingetroffen. Bisher habe die Zeit gefehlt, alle zu sichten, so Tafelvorstandsvorsitzende Wolfgang Krauß Krauß. Er spüre aber sehr viel Zustimmung. Deutlichstes Zeichen dafür sei für ihn die Bereitschaft vieler Menschen, der »Sonneberger Tafel« die entgangene Spende zu ersetzen. Aktuell seien so bereits rund 2.700 Euro zusammengekommen; ein Vielfaches dessen, was sonst um diese Zeit gespendet werde. Der Vorstand der Tafel bedankte sich für diese Unterstützung. Sie komme vor allem den etwa 50 ehrenamtlichen Helfern zu Gute, die seit fast neun Jahren für die Sonneberger Bedürftigen da seien. Mit dem Geld könnte auch bald der in die Jahre gekommene Kühltransporter der Tafel ersetzt werden, hieß es. mit Agenturen

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