Emmanuel Macron soll vermitteln

Am Freitag besucht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Frankreich

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einem Arbeitsbesuch nach Paris kommt und dort im Elysée von Präsident Emmanuel Macron empfangen wird, stößt in Frankreich, aber auch bei oppositionellen Kräften in der Türkei, auf Unverständnis und Kritik. Es ist der erste Besuch des türkischen Staatschefs in Frankreich seit dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Juli 2016. Bei dem Treffen der beiden Staatschefs soll es unter anderem um die Beziehungen der Türkei zur EU gehen. Außerdem wolle man bei dem Gespräch am Freitag auch »rechtsextreme und islamophobe Strömungen« in Europa thematisieren, sagte Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin am Donnerstag in Ankara. Weitere Themen seien der Status Jerusalems und die internationale Terrorbekämpfung. »Nach Deutschland ist heute Frankreich einer unserer größten Handelspartner in Europa«, so Kalin. Der türkische Präsident hatte sich zuletzt für eine Verbesserung der Beziehungen mit der EU ausgesprochen.

Aus dem Pariser Élyséepalast hatte es geheißen, es werde neben Jerusalem auch um den Bürgerkrieg in Syrien gehen. Außerdem wolle Macron die Menschenrechtslage in der Türkei ansprechen. Frankreich steht unter anderem wegen der Lage in Syrien und der Sicherheitspolitik in der Region in engem Kontakt mit Ankara. Zuletzt hatte Macron wegen der Jerusalemkrise mit Erdogan telefoniert.

Die Französische Kommunistische Partei (PCF) nennt den Besuch des türkischen Präsidenten eine »Provokation« und einen »Skandal«, auch, weil dieser ausgerechnet am Vorabend einer großen Demonstration in Paris stattfindet, mit der an den vor fünf Jahren verübten Mord an drei kurdischen Aktivistinnen erinnert werden und ein Prozess gegen die Täter gefordert werden soll. Die Frauen waren im Januar 2013 im Kurdischen Informationsbüro in Paris erschossen worden. Bis heute ist der Fall nicht aufgeklärt.

Indem Erdogan mit allen Ehren im Elysée empfangen wird, wertet man - so sehen es viele - einen Mann auf, der die Türkei zuletzt immer stärker zu einer Diktatur umgebaut und international isoliert hat. Dass das Land, das 2017 ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent verzeichnete, ein interessanter Markt für französische Investoren ist, kann nicht die politischen Bedenken vergessen machen. Zudem steht die Türkei mit ihrer hohen Arbeitslosigkeit und einer gefährlich anwachsenden Immobilien-Blase auch wirtschaftlich auf tönernen Füßen. Die nationale Währung ist im Krisenfieber, weil man aufgrund der labilen innenpolitischen Verhältnissen ihrer Stabilität im In- und Ausland misstraut.

Das autoritäre Regime der AKP-Regierung und die paranoide Jagd auf (vermeintliche) Anhänger des früheren Erdogan-Partners und heutigen Intimgegners Fethullah Gülen hat Zehntausende ins Gefängnis gebracht und selbst viele ehemalige Gefolgsleute der AKP verprellt. Indem sich Erdogan an Russland und den Iran angenähert hat, stieß er zudem selbst den historischen Hauptverbündeten USA vor den Kopf. Auch die Beziehungen zu Deutschland haben sich im vergangenen Jahr akut verschlechtert. In dieser Situation greift Erdogan nun zu einem Strohhalm und hofft auf die Vermittlerrolle, die der französische Präsident Emmanuel Macron für sich beansprucht und in der er in den erst acht Monaten seiner Amtszeit schon wiederholt erfolgreich war.

Es wird sich zeigen, ob Macron nicht nur verständnisvoll zuhören und mit seinem Gast über die Lage in der Region sowie über den Flüchtlingspakt diskutiert, sondern auch angesichts der Schwäche seines Gastes energische Forderungen zur Veränderung der innenpolitischen Zustände in der Türkei stellt.

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