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Kipping: Stopp von Rüstungsexporten würde Iranern helfen
Linkspartei-Chefin fordert Bundesregierung auf »ihre Kumpanei mit Gewaltregimen« wie Saudi-Arabien zu beenden / Führung in Teheran ruft Anhänger zur Unterstützung auf
Berlin. Nachdem die Bundesregierung »Besorgnis« angesichts der Berichte über Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen im Zuge der Proteste in Iran geäußert hat, fordert die LINKE-Ko-Vorsitzende Katja Kipping von Schwarz-Rot, auf weitere Rüstungslieferungen in die Region zu verzichten. Die Bundesregierung müsse »ihre Kumpanei mit Gewaltregimen« beenden. »Wer auf lukrative Wirtschaftsbeziehungen in Iran setzt und weiter Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien liefert, demokratisiert keine Gesellschaften, sondern stützt nur die gegenwärtigen iranischen und saudischen Machteliten, die die Kriege und die blutige Gewaltspirale in der Region befördern«, erklärte Kipping gegenüber »nd«.
Berlin sollte zudem allen etwaigen Interventionsplänen eine Absage erteilen. Dies wäre zusammen mit einem Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien »das demokratiepolitische Signal, das den Menschen in Iran jetzt helfen würde«. Die Bundestagsabgeordnete erklärte sich darüber hinaus solidarisch mit den zivilen Protesten in Iran. »Wenn eine Regierung ihrer eigenen Bevölkerung jahrzehntelang viele, elementare Freiheiten verweigert, und die Menschen ins soziale Elend stürzt, gibt es ein demokratisches Recht auf gesellschaftlichen Widerstand.«
Die Bundesregierung hatte sich zuletzt am Mittwoch zu den Entwicklungen in Iran geäußert und Teheran zur Achtung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit aufgefordert. Es sei »legitim, wenn Menschen ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen couragiert in die Öffentlichkeit tragen, wie dies derzeit in Iran geschieht«, sagte Regierungssprecherin Ulrike Demmer.
Iranische Führung ruft zu Kundgebungen in Teheran auf
Derweil organisiert die Führung der Islamischen Republik für diesen Freitag Kundgebungen ihrer Anhänger. Die Behörden meldeten in 40 Bezirken der Hauptstadt Teheran Demonstrationen nach den Freitagsgebeten an, wie die iranischen Staatsmedien berichteten. Am Mittwoch und Donnerstag waren in Städten wie Isfahan und Maschhad bereits zehntausende Regierungsanhänger zur Unterstützung der Staatsführung auf die Straße gegangen.
In Teheran waren in der Nacht zahlreiche Polizisten auf den Straßen, Berichte über neue regierungskritische Demonstrationen gab es nicht. Videos in den sozialen Netzwerken zufolge gab es am Donnerstagabend aber wieder kleinere Protestkundgebungen in Provinzstädten. Die Berichte konnten zunächst nicht überprüft werden.
Bei den regierungskritischen Protesten in mehreren iranischen Städten wurden seit dem 28. Dezember 21 Menschen getötet, unter ihnen auch mehrere Angehörige der Sicherheitskräfte. Die Proteste richten sich gegen wirtschaftliche Missstände wie die hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Lebenshaltungskosten, aber auch gegen die Außenpolitik der Regierung in Teheran und das klerikale Herrschaftssystem. Der Kommandeur der Revolutionsgarden, Mohammed Ali Dschafari, verkündete am Mittwoch bereits das Ende des »Aufruhrs«.
UN-Sicherheitsrat beschäftigt sich mit Iran
Der UN-Sicherheitsrat wird sich am Freitagnachmittag in einer Dringlichkeitssitzung mit den Entwicklungen in Iran befassen. Das Treffen, das auf einen Antrag der USA zurückgeht, soll um 15.00 Uhr (Ortszeit, 21.00 Uhr MEZ) stattfinden. US-Präsident Donald Trump hatte seit Beginn der Proteste mehrfach die iranische Staatsführung kritisiert und diese unter anderem als »brutal und korrupt« bezeichnet. Am Donnerstag hatte die US-Regierung neue Strafmaßnahmen gegen fünf iranische Firmen beschlossen, denen sie vorwirft, am Raketenprogramm des Landes beteiligt zu sein.
EU verurteilt Hinrichtung von minderjährigem Straftäter
Die EU hat unterdessen die Hinrichtung eines zum Tatzeitpunkt minderjährigen Straftäters in Iran verurteilt. Amirhossein P. sei am Donnerstag hingerichtet worden, erklärte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes in Brüssel. Damit habe Iran gegen seine Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Kinderrechtskonvention verstoßen. »Die Europäische Union ist unter allen Umständen und ohne Ausnahme gegen die Todesstrafe«, bekräftigte die Sprecherin die Haltung der EU.
Sie erkannte zugleich an, dass der Hingerichtete eine schwere Straftat begangen habe. Die Europäische Union versichere deshalb »der Familie des Opfers ihre tiefste Anteilnahme«. Medienberichten zufolge wurde Amirhossein P. wegen der Vergewaltigung und Ermordung einer Sechsjährigen schuldig gesprochen. Zur Tatzeit war er 17 Jahre alt. Agenturen/nd
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