- Kommentare
- Michael Wolff
Sprengstoff, der in Atem hält
Donald Trump will das Buch von Michael Wolff vom Markt klagen
Wenn eine Verlagsvorschau das »explosive« Buch eines »Starjournalisten« ankündigt, in dem irgendwer irgendwas »enthüllt«, über irgendwen »auspackt« oder von irgendwem »Skandalöses« berichten zu können vorgibt, was für manch anderen »Sprengstoff« bedeute und darum »eine Nation in Atem« halte, dann sagt diese Stanzenparade mehr über den Autor aus als über die Personen, auf deren Kosten das Werk die Bestsellerlisten anführen soll.
Michael Wolff ist in diesem Segment des US-Sachbuchbetriebs, wie es der Nachrichtenagenturbürokratenjournalismus formulieren würde, ein Vollprofi. Der 64-Jährige hat sich als Kolumnist von »USA Today«, »The Hollywood Reporter« und »Vanity Fair« einen Namen gemacht und sieben Bücher geschrieben, darunter eine 2008 erschienene Biografie des Medienmoguls Rupert Murdoch. Angepriesen hatte es der Verlag mit dem Hinweis, Wolff habe auf 50 Gesprächsstunden mit seinem Protagonisten zurückgreifen können. Am Ende standen wenige Zitate des Meinungsmachers zwischen den Buchdeckeln, dafür umso mehr Klatsch. Natürlich wurde es ein großer Verkaufserfolg.
Mit »Fire and Fury: Inside the Trump White House« dürfte Wolff endgültig ausgesorgt haben. Indem er sich den weltweit am meisten gehassten und am wenigsten ernst genommenen Mann vorknöpft, geht Wolff kein Risiko ein. Weil Donald Trump das Buch vom Markt klagen will, zog das Verlagshaus Henry Holt und Company die Veröffentlichung vor und lieferte es am Freitag aus. Das deutet darauf hin, dass selbst die Produzenten einige Anekdoten für justiziabel halten. Die vorab lancierten und unter anderem über Trumps Ex-Berater Steve Bannon recherchierten Aussagen zielen auf die bloße Charakterisierung des US-Präsidenten als Vollidioten ab.
Am Ende kann bei all dem politisch nur einer gewinnen: Trump. Er wird seine Opferrolle kultivieren und seinerseits mit »explosiven Enthüllungen« über Gegner »die Nation in Atem halten«, damit niemand auf die Idee kommt, über wichtige Dinge zu reden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.