Gut fürs Geld, gut fürs Klima

Rentenversicherungen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Lebensversicherungen waren jahrzehntelang in Westdeutschland die populärste Geldanlage. Im Schnitt hatte jeder Bundesbürger einen Vertrag abgeschlossen. Meistens, um Geld fürs Alter anzusparen. Doch in jüngster Zeit mehren sich die Meldungen, wonach kleine und große Versicherer wie Ergo und Generali sich von der für sie unattraktiv gewordenen klassischen Kapitallebensversicherung trennen wollen. Ab in die »Bad Bank« heißt das Motto - spezialisierte Finanzinvestoren sollen die noch laufenden Verträge abwickeln. Neue Verträge mit garantierter Mindestrendite wollen nur noch wenige Versicherer abschließen.

Statt klassischer Lebensversicherung versucht die Branche nun, der Kundschaft private Rentenversicherungen schmack- haft zu machen. Freilich sind auch private Rentenversicherungen nicht gefeit davor, Probleme mit den niedrigen Zinssätzen zu bekommen, die seit der Finanzkrise 2007/2008 grassieren. Viele Versicherer investieren daher verstärkt in Aktien, Immobilien und Infrastruktur. Gleichzeitig versucht die Assekuranz massiv, Kosten in der Verwaltung und im Vertrieb einzusparen. Die Zeche zahlen die Belegschaften. Und vielleicht eines Tages auch die Versicherten.

Vor diesem Hintergrund will glücklicherweise eine wachsende Zahl von Verbrauchern genau(er) wissen, was mit ihrem Geld geschieht, welches sie in ihre private Altersvorsorge investieren. Wie nachhaltig ist meine Versicherung? Wie transparent ist der Versicherer?

Nur zwei Versicherer spitze

Diesen Fragen ist jetzt die Verbraucherzentrale Bremen auf den Grund gegangen. In dem neuen Projekt »Gut fürs Geld, gut fürs Klima« wurden 46 Anbieter von privaten Rentenversicherungen auf den Prüfstand gestellt und ihre Nachhaltigkeitsstandards untersucht. Basis der Studie war eine Befragung der Versicherer sowie Veröffentlichungen der Unternehmen.

Bei der Anlage der Kundenbeiträge können Versicherer ethisch-ökologische Standards sowie Ausschlusskriterien berücksichtigen. Immerhin 22 der 46 untersuchten Rentenversicherer nutzen zumindest ein Ausschlusskriterium. Am häufigsten sind dies Investitionen in geächtete Waffen, etwa in Streumunition, sowie Spekulationen mit Nahrungsmitteln.

Lediglich zwei Versicherungsunternehmen wenden umfangreiche ethisch-ökologische Ausschlusskriterien an: die Familienfürsorge Lebensversicherung AG und die Concordia Oeco Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft. Bei Concordia gelten die harten Kriterien allerdings nur für die Produktlinie »Leben oeco«.

Ulrike Brendel, die Leiterin des Projekts »Gut fürs Geld, gut fürs Klima«, ist unzufrieden mit dem Ergebnis der Marktübersicht: »Versicherungsunternehmen haben deutlichen Nachholbedarf bei den Nachhaltigkeitsstandards für ihre Kapitalanlage.« Selbst Geschäfte mit international geächteten Waffen wie Landminen schlössen einige Versicherungen nicht konsequent aus. Auch der Klimaschutz werde zu wenig berücksichtigt. Nur vier Versicherer schränkten Investitionen in die klimaschädliche Kohle ein.

Anbieter ohne Durchblick

Schwer tun sich viele Konzerne mit dem Durchblick für ihre Kundschaft. 20 der 46 Versicherer veröffentlichen keine aussagekräftigen Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsstandards und wollten auch gegenüber der Verbraucherzentrale keine konkreten Angaben machen.

Die Branchenriesen Axa und Allianz verweigerten Auskünfte darüber, inwieweit Atomkraft, Kinderarbeit, Menschrechtsverletzungen, Glücksspiel und Pornografie bei ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden. Die beiden Anbieter mit hohen Nachhaltigkeitsstandards - Familienfürsorge und Concordia Oeco - sind hingegen in punkto Transparenz vorbildlich.

Unser Rat: Anlegerinnen und Anleger sollten sich bei fondsgebundenen Rentenversicherungen nicht von der Auswahl an Öko-Fonds blenden lassen, mit denen Versicherer gerne werben. Tatsächlich landet der Löwenanteil der Einzahlungen von Kunden bei vielen Rentenversicherungsprodukten in der allgemeinen Kapitalanlage - die keinen wirklichen ethischen Einschränkungen unterliegen.

So investieren Versicherer ihre Kapitalanlage gewissermaßen quer Beet durch alle Anlageklassen. Dies gilt auch für die Beiträge von »fondsgebundenen« Rentenversicherungen, die eine Garantieleistung beinhalten: Hier fließt nur der Teil der Beiträge in Fonds, der nicht für diese Garantieleistung benötigt wird! Doch dieser Anteil ist wegen der niedrigen Zinssätze derzeit minimal. Nur bei fondsgebundenen Rentenversicherungen »ohne« Garantie werden die Beiträge - abzüglich der Kosten - in die vom Kunden ausgewählten Investmentfonds investiert.

Weitere Infos zu den Nachhaltigkeitsstandards bei Rentenversicherungen: www.geld-bewegt.de.

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