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Neonazi beschwert sich: AfD zu links
NPD-Kader will nicht neben AfD-Politiker Höcke stehen
Unter dem Bild mit den Köpfen von Heise und Höcke steht in Frakturschrift »Landolf & Thorsten«, darunter die Buchstaben NPD. Das ZfpS hat das Motiv auf T-Shirts und Tassen drucken lassen und bewirbt die Devotionalien auf der eigens kreierten Internetseite Landolf-Ladig.de. Genau 17,45 Euro kostet die Unisex-Variante des Shirts, 25 Cent mehr die Version für Frauen. Für 12,74 Euro ist eine Tasse mit den Köpfen der beiden Rechten zu haben, für 11,95 Euro eine Handyhülle, für ein Poster müssen Interessierte sogar nur sechs Euro überweisen.
Anlass für die Aktion sind weit verbreitete Vermutungen, dass Höcke unter dem Pseudonym Landolf Ladig über Jahre für NPD-Postillen publiziert hat. Mitglieder des ZfpS hatten kürzlich auf einem Grundstück vor Höckes Haus in Bornhagen – das Dörfchen liegt auf der thüringischen Seite des Eichsfelds unweit von Göttingen – ein »Denkmal der Schande« aufgebaut: eine Nachbildung des Holocaust-Mahnmals in Berlin, das Höcke in seiner berüchtigten Dresdner Brandrede vor einem Jahr als »Denkmal der Schande« bezeichnet hatte.
Auf den Nachbau des Denkmals mit 24 Stelen folgte die Aufstellung von zwei »NPD-Wahlplakaten« in Bornhagen, die mit dem Konterfei Höckes für einen NPD-Kandidaten Landolf Ladig warben. Außerdem kündigten die ZfpS-Aktivisten an, pikante politische und private Details aus Höckes Leben an die Öffentlichkeit zu bringen. Dazu zählten auch neue »Beweise«, dass Höcke identisch mit jenem Landolf Ladig sei.
Diese These ist nicht neu: Der Soziologe Andreas Kemper aus Münster begründete 2015 als erster, warum Höcke alias Landolf Ladig schon 2011 und 2012 für die von Thorsten Heise herausgegebene Zeitschrift »Volk in Bewegung« geschrieben habe. Der Wissenschaftler verglich unter anderem Leserbriefe Höckes mit Artikeln von Landolf Ladig – die Texte sind über weite Strecken identisch.
Auch die frühere AfD-Chefin Frauke Petry war sich sicher: Höcke hat jahrelang als Landolf Ladig Texte in NPD-nahen Zeitschriften veröffentlicht. Im anfangs von ihr mitbetriebenen Parteiausschlussverfahren gegen Höcke verwies Petry etwa auf einen Vortrag aus dem Jahr 2013, in dem Höcke wörtlich einen Beitrag aus dem NPD-Blatt »Eichsfeld-Stimme« rezitiert habe – Autor des Texts ist Landolf Ladig.
Trotz aller Indizien fehlt bislang der letzte, gerichtsfeste Beweis für die Ladig-These. Höcke selbst hat sie mehrfach bestritten – er will nicht als Verfassungsfeind gebrandmarkt und aus der Partei geworfen werden. Eine eidesstattliche Erklärung gab er trotz Aufforderung aber nicht ab. Gleichzeitig drohte Höcke damit, gegen jeden juristisch vorzugehen, der ihn mit Landolf Ladig in Verbindung bringe.
Thorsten Heise, der auf einem Hof in Fretterode unweit von Bornhagen wohnt und in seinem Garten das Denkmal einer SS-Panzerdivision stehen hat, äußerte sich zur mutmaßlichen Identität von Höcke und Landolf Ladig bislang nicht öffentlich. Ihn stört nach Angaben seines Anwalts stattdessen, dass das ZfpS die Bilder von ihm und Höcke verbreite, vermarkte und damit Geld verdienen wolle. Nachdem das ZfpS eine Unterlassungserklärung nicht unterzeichnete, zog Heise vor Gericht.
Die Aktion des Zentrums sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, die Verbreitung des Doppelkopfes rechtlich kaum zubeanstanden, räsonierte Richter Küttler. Handele es sich bei dem mehrfach vorbestraften Heise, der unter anderem Landesvorsitzender und Bundesvize der NPD war oder ist, doch um eine »Person der Zeitgeschichte«.
Im Übrigen werde ja »Höcke an Heise gerückt, nicht aber Heise an Höcke«. Küttlers Vorschlag zu Güte, das Logo ohne Verkaufsabsicht weiter zu verbreiten, lehnte ZfpS-Mastermind Philipp Ruch nach telefonischer Rückfrage aber ab. Sein Mandant bestehe auf einer Entscheidung, sagte Ruchs Anwalt Ilja Czernik in der Verhandlung. Die Entscheidung soll am nächsten Mittwoch verkündet werden.
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