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Familien auf dem Basar
Sondierer suchen nach einem Weg, den Nachzug von Flüchtlingsangehörigen so gering zu dosieren, dass er eigentlich nicht zählt
Schon bei den Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen war das Thema Asyl und Zuwanderung heiß umstritten; der bereits sichtbare Kompromiss zwischen CSU und Grünen als den beiden politischen Polen dieses Streits sah eine Art flexibler Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen vor. Und linke Migrationspolitiker atmeten auf, als mit dem Scheitern der Sondierungen auch dieser «Kompromiss» auf Eis gelegt war.
Doch nun findet der erste Sondierungsversuch seine Fortsetzung in den Gespräche zwischen Union und SPD. Unverändert gilt das «Regelwerk zur Migration», das sich CDU und CSU für die nächste Regierungskoalition gegeben hatten. Und darin ist nicht nur die Zahl von 200.000 Flüchtlingen enthalten, die möglichst nicht überschritten werden soll, sondern auch jener Satz: «Der Familiennachzug zu subsidiär Geschützten bleibt ausgesetzt.» Die SPD hatte das vorübergehende Verbot des gesetzlich vorgesehenen Nachzugs von Familienangehörigen vor allem syrischer Kriegsflüchtlinge in der vorigen Legislatur zähneknirschend mitgetragen und bis zuletzt alle Versuche der LINKEN und Grünen im Bundestag durch Verweigerung vereitelt, die Aussetzung zu beenden. Diese war im März 2016 für die Dauer von zwei Jahren beschlossen worden.
Die jüngste Kompromissidee kam nun von einem SPD-Politiker, der am Wochenende als Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt wiedergewählt werden will und sich womöglich einen Bonus bei seinen Delegierten erhofft. Neben einer Stichtagsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Asylbewerber brachte Burkhard Lischka auch eine Art Obergrenze für den Familiennachzug subsidiär geschützter Flüchtlinge ins Spiel. Also jener Kriegsflüchtlinge, die nur über einen minderen Schutzstatus verfügen und von der Beschränkung des Familiennachzugs betroffen sind. Der Innenpolitiker und Bundestagsabgeordnete nannte die Zahl von 40 000 Familienangehörigen. Mehr Anträge könnten die Behörden ohnehin nicht bewältigen, sagte er zur Erklärung der «Mitteldeutschen Zeitung».
Am Dienstag war bekannt geworden, dass die deutschen Botschaften in den betroffenen Ländern bereits Termine vergeben, zu denen die Angehörigen ihre Visaanträge zur Einreise nach Deutschland vorlegen können, falls die Aussetzung im März endet. Damit kommen sie ihren gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben für einen reibungslosen Ablauf nach, denn nach bisheriger Rechtslage haben Betroffene ab März 2018 einen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung. Dennoch erregte die Mitteilung den Zorn der Sondierer auf Seiten der Union. Damit versuche die SPD Tatsachen zu schaffen, argumentierten sie, denn das Außenministerium wird derzeit bekanntlich geschäftsführend vom SPD-Politiker Sigmar Gabriel geleitet. Ohnehin haben die Antragsteller mit Wartezeiten zu rechnen - auch wenn das Außenamt am Mittwoch beflissen erklärte, die Wartezeiten in den Visastellen hätten sich von durchschnittlich 18 Monaten auf nur noch zwei Monate reduziert. Bisher hatte das Ministerium die Zahl der möglichen Visa pro Jahr mit 120 000 angegeben. Mehr schafften die Beamten nicht. Da als politisch Verfolgte anerkannte Flüchtlinge wie auch Flüchtlinge, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind, ohnehin ein Recht auf Familienzusammenführung haben und hier abgezogen werden müssen, ist abzusehen, dass den Betroffenen vor allem aus Syrien lange Wartezeiten bevorstehen, selbst wenn die Aussetzung im März fallen sollte.
Die von Burkhard Lischka genannte Zahl ist dennoch reine Spekulation. Ebenso wie die von CDU und CSU genannte Größenordnung von bis zu 300 000« Angehörigen, die im Falle einer Beendigung des Nachreisestopps zu erwarten wären. Politiker der LINKEN wie die Innenexpertin Ulla Jelpke weisen darauf hin, dass ein »Nachzugsfaktor« von 0,5 pro Flüchtling realistisch sei. Nach Einschätzungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aufgrund von Befragungen anerkannter, also berechtigter Flüchtlinge liegt der langjährige »Nachzugsfaktor« bei syrischen Flüchtlingen bei etwa 0,43, bei irakischen Flüchtlingen bei etwa 0,3 und bei afghanischen Flüchtlingen bei ca. 0,13.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte in den ersten neun Monaten des letzten Jahres 86 121 Asylbewerbern subsidiären Schutz gewährt. Das waren 16,7 Prozent aller Antragsteller. Trotzdem kam aus den Reihen der Union der Vorschlag, subsidiär Schutzberechtigten nur in bestimmten Härtefällen die Zusammenführung zu gestatten - oder wenn die Flüchtlinge Wohnung und Arbeit vorweisen können. Mit Agenturen
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