Kaufrausch treibt die Wirtschaft an

Mit 2,2 Prozent wuchs die Wirtschaft 2017 so schnell wie seit fünf Jahren nicht mehr

  • Lesedauer: 3 Min.

Seit acht Jahren wächst die Wirtschaft kontinuierlich. Auch 2018 wird es so weitergehen. Doch wird der Aufschwung wegen der wieder anziehenden Inflation vermutlich nicht mehr vom Konsum getragen.

Von Simon Poelchau

2017 war ein ausgesprochen gutes Jahr für die Wirtschaft. Besser sogar als die fünf Jahre davor. Denn die hiesige Wirtschaft wuchs vergangenes Jahr um 2,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt gab. 2015 hatte das Wachstum 1,5 und 2016 dann 1,9 Prozent betragen. Damit steigt das Bruttoinlandsprodukt seit acht Jahren kontinuierlich. Und auch dieses Jahr wird es weiter wachsen, sind sich die Ökonomen hierzulande einig.

»Das Wachstum entspricht völlig unseren Erwartungen«, sagt Gustav Horn vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) gegenüber dem »neuen deutschland«. Die Lage sei gut und dies zeigten nun auch die Zahlen. Noch im Dezember hatte das IMK seine Erwartungen für das laufende Jahr kräftig nach oben korrigiert - von zunächst 2,0 auf 2,3 Prozent. Das IMK war damit nicht allein. Im September hoben fünf Wirtschaftsinstitute ihre Gemeinschaftsdiagnose für 2017 von 1,5 auf 1,9 Prozent an. Auch die Bundesregierung steigerte im Herbst ihre Erwartungen gegenüber denen aus ihrer Frühjahrsprognose.

Der Brexit, geopolitische Unsicherheiten, die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und weltweite Tendenzen zu mehr wirtschaftspolitischem Protektionismus hatten die Ökonomen zunächst pessimistisch auf 2017 blicken lassen. Doch die Befürchtungen der Ökonomen traten nicht ein. Stattdessen stabilisierte sich in Europa der Aufschwung. 2017 wuchs die Wirtschaft der Eurozone im Durchschnitt genauso schnell wie in Deutschland.

»Wir haben eine bessere und stabilere Binnennachfrage als noch vor einem Jahrzehnt. Und das trägt schon seit dem Ende der Finanzkrise den Aufschwung«, erklärt Horn, warum der Grund für das anhaltende Wirtschaftswachstum dennoch nicht in der Exportwirtschaft liegt. Mit 1,1 Prozentpunkten machte der private Konsum den größten Anteil am Wachstum aus. Die Ausgaben des Staates trugen mit 0,3 Prozentpunkten, die Investitionen der Unternehmen mit 0,6 und der Außenhandel nur mit 0,2 Prozentpunkten bei.

»In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft noch mal mit ähnlichem Tempo zulegen, ab kommendem Jahr dann aber wieder etwas an Schwung verlieren«, prognostiziert Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Seinem Ökonomenkollegen Horn vom IMK zufolge dürfte 2018 neben den Investitionsausgaben vor allem der Außenhandel wieder eine größere Rolle spielen, weil der Aufschwung im übrigen Europa zu mehr Exporten führen wird. Gleichzeitig wird sich der Konsum etwas abschwächen, so der Ökonom.

Der Grund für die kommende Konsumflaute liegt in der wieder anziehenden Inflation. Nachdem die Preise in den zwei Jahren zuvor mit 0,3 (2015) und 0,5 Prozent (2016) fast stagnierten, betrug die Inflationsrate vergangenes Jahr 1,8 Prozent und lag damit auf einem Level, das die Europäische Zentralbank anstrebt. Und diesen Preisanstieg spürt die Bevölkerung bereits im Geldbeutel. Dies zeigen Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), das wie das IMK Teil der Hans-Böckler-Stiftung ist. So stiegen die Tariflöhne trotz eines nominalen Plus von 2,4 Prozent wegen der Inflation real nur um 0,6 Prozent. In den Jahren 2014 bis 2016 blieb den tariflich Beschäftigten nach Abzug der Inflationsrate noch ein Plus von 1,9 bis 2,4 Prozent, das sie für den Konsum zusätzlich ausgeben konnten.

Steuersenkungen, wie sie seitens der Wirtschaft ins Spiel gebracht werden, lehnt Ökonom Horn ab: »Was wir brauchen, sind mehr öffentliche Investitionen«. Danach kommt für den IMK-Forscher auf der Prioritätenliste der Schuldenabbau. Und wer die Beschäftigten entlasten will, soll dies Horn zufolge lieber über die Sozialversicherungsbeiträge machen. Dies bringt vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr als steuerliche Entlastungen.

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