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17 Mal von Spiel zu Spiel
Nur eine billige Floskel lässt die Gegner der übermächtigen Münchner noch auf Spannung in der Bundesliga hoffen - der erste ist Leverkusen
Welchen Satz möchte man nach einem Fußballspiel nicht hören? »Wir denken nur von Spiel zu Spiel!« Es ist die wohl meistbemühte aller Floskeln, mit der sich Spieler nach dem Abpfiff davonstehlen. Vor dem Anpfiff der Rückrunde in der Bundesliga am Freitagabend aber ist sie die einzig verbliebene Hoffnung auf einen halbwegs spannenden Titelkampf. Denn eine andere, ganz grundsätzliche Frage muss man in der Bundesliga ja schon gar nicht mehr stellen. Die immergleiche Antwort: FC Bayern München.
Gefragt wurden die Verfolger des Rekordmeisters jetzt natürlich trotzdem. »Die Bayern soll jagen, wer will«, winkt Clemens Tönnies ab. Der Aufsichtsratschef des Tabellenzweiten Schalke 04 konzentriert sich mit seinem Klub lieber auf die eigenen Ziele. Dritter ist Borussia Dortmund. »Wenn wir am Ende Zweiter werden, wäre ich definitiv glücklich«, gibt Trainer Peter Stöger zu. Punktgleich mit dem BVB ist RasenBallsport Leipzig. Coach Ralph Hasenhüttl will den Münchnern aber auch keinen Druck machen: »Es ist nicht die Aufgabe von RB Leipzig, sich Gedanken zu machen, wie man die Lücke zum FC Bayern schließt.«
Damit ist die Meisterfrage wohl hinreichend beantwortet: Die Münchner werden wohl zum sechsten Mal in Folge die Schale hochhalten. Dabei sah es zu Beginn dieser Saison so aus, als könnten die Konkurrenten dieser Bezeichnung gerecht werden. Am siebten Spieltag hatte der FC Bayern fünf Zähler Rückstand auf den BVB und stand punktgleich mit Hoffenheim auf Platz zwei. Die Leipziger lauerten einen Punkt dahinter. Zehn Partien später haben die Münchner nun schon elf Punkte Vorsprung auf den Zweiten aus Gelsenkirchen.
Die Resignation der Konkurrenz ist eine realistische Sicht auf die Dinge. Rudi Völler erklärt sie mit der »wirtschaftlichen Dominanz der Bayern.« Deshalb sei für den Leverkusener Sportdirektor ein Kräftemessen mit den Münchnern aussichtslos. Sein Ziel mit Bayer: zurück auf die internationale Bühne. Die Ausgangslage dafür ist gut, punktgleich mit Dortmund, Leipzig und Mönchengladbach starten die Leverkusener als Vierter in die Rückrunde - am Freitagabend gegen den FC Bayern.
»Wir werden ihnen einen offenen Schlagabtausch liefern«, kündigt Völler an. Und Verteidiger Jonathan Tah meint sogar: »Auch die Bayern sind in so einem Spiel zu stoppen.« Woher der plötzliche Mut? Sie denken nur von Spiel zu Spiel! Und im nächsten haben sie eben die Bayern vor der Brust. Die billige Floskel ist nicht nur Ausrede, um ungeliebte Interviews schnell zu beenden, sondern auch Weisheit und Erfolgsrezept. Wenn alle anderen 16 Gegner des FC Bayern ebenso denken und nicht - wie schon öfter mal vermutet - das Spiel schon vor dem Anpfiff abschenken, besteht noch ein wenig Hoffnung auf Spannung.
Als Mutmacher dafür taugt die Partie am Freitagabend allemal. Neben den Münchnern ist allein noch Bayer auf eigenem Rasen ungeschlagen. Und: So lange wie in Leverkusen hat der FC Bayern in keinem anderen Bundesligastadion nicht mehr gewonnen. Vor knapp fünf Jahren gewann der Rekordmeister dort zuletzt, der letzte Münchner Treffer fiel im Oktober 2013.
Schon im Eröffnungsspiel dieser Saison hatte Bayer gezeigt, wie man die Bayern ärgern kann: Mutig und offensiv erspielten sich die Leverkusener in München mehr Torchancen als die Gastgeber, verloren letztlich aber doch 1:3. Die Chancenverwertung stand bei Trainer Heiko Herrlich in der Winterpause ganz oben auf dem Trainingsprogramm. Auch wenn sein Fazit nicht sehr euphorisch ausfällt (»Wir sind bei dem Thema nicht wirklich weitergekommen.«), gehört seine Offensive schon zu den besten der Liga: 34 Tore haben seine Spieler in den ersten 17 Saisonspielen geschossen, öfter trafen nur die Dortmunder und Münchner.
Die Entwicklung der Leverkusener ist erstaunlich. In der vergangenen Saison, laut Völler mit dem »besten Kader, den wir je hatten«, mussten sie lange gegen den Abstieg spielen. Danach verließen Stars wie Hakan Calhanoglu und Javier Hernandez sowie Stammkräfte wie Kevin Kampl und Ömer Toprak den Verein. Es kam: Heiko Herrlich. Für die Arbeit des Trainers gibt es nur lobende Worte. »Die Gier nach Erfolgen ist unter ihm wieder zurück«, meint Völler. Das Wichtigste sei immer, einzelne Spieler besser zu machen. Herrlich ist das eindrucksvoll gelungen. Stürmer Kevin Volland erzielte in der Hinrunde neun Tore. In den drei vergangenen Spielzeiten schaffte er das in einer ganzen Saison nicht. Der 20-jährige Leon Bailey war in der Hinrunde sogar der notenbeste Spieler der gesamten Liga. Der schnelle Jamaikaner schoss sechs Tore und bereitete vier weitere vor. In seinem ersten halben Jahr kam er unter den Trainern Roger Schmidt und Tayfun Korkut gerade mal auf acht Kurzeinsätze.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten funktionierten die talentierten Einzelspieler auch als Mannschaft: Seit Ende September ist Leverkusen ungeschlagen. Diese Serie lässt an diesem Freitag die ganze Liga hoffen. Da der Gegner aus München aber immer auch als Ausrede herhalten kann, baut Völler vor: »Eine Niederlage würde uns nicht umwerfen.« Dann denken sie einfach ans nächste Spiel.
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