Mehr Verkehrssicherheit durch drastische Strafen

In Frankreich wird das Tempolimit auf Landstraßen abgesenkt und werden Vergehen strenger geahndet

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

400 000 Kilometer umfasst das Netz aus Bundes- und Landstraßen in Frankreich. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird ab 1. Juli von bisher 90 auf 80 Kilometer pro Stunde (km/h) abgesenkt, wie Premier Edouard Philippe nach einer Tagung des Interministeriellen Komitees für Verkehrssicherheit unlängst verkündete. Damit soll die Verkehrssicherheit erhöht werden.

Auf die National- und Departementstraßen entfallen 55 Prozent aller Unfälle und rund 1900 der jährlich 3400 Todesopfer. Dagegen sind die Autobahnen mit jährlich 160 bis 180 Unfalltodesopfern im Vergleich der Zahl der Fahrzeuge und der zurückgelegten Kilometer fünfmal sicherer. Durch die Senkung der Höchstgeschwindigkeit rechnet man mit jährlich 300 bis 400 Todesopfern weniger. Der Regierungschef verwies darauf, dass die Polizei nach Aufstellung der 4600 automatischen Radars in den Jahren 2002 bis 2005 festgestellt hat, dass die Autos statt durchschnittlich 92 nur noch 85 km/h fuhren. Die Zahl der Unfälle ist dadurch überproportional um 37 Prozent gesunken.

Da das Netz der automatischen Radars durch Konzentration nun auf besonders unfallträchtige Abschnitte »optimiert« sowie das Feststellen von Verstößen als auch das Ausstellen und Versenden von Strafbescheiden - auch in die Nachbarländer - automatisiert wird, ist mit einem deutlichen Anstieg der Einnahmen zu rechnen. Bisher waren es pro Jahr etwa 900 Millionen Euro. Die Regierung versichert, dass etwaige Mehreinnahmen komplett dem staatlichen Fonds für Verkehrsopfer zugeführt werden und nicht im Staatshaushalt »versickern«. Damit will man der verbreiteten Unterstellung entgegentreten, die Geldstrafen für Verkehrsvergehen sollen lediglich die öffentlichen Finanzen aufbessern.

Um die Akzeptanz der Maßnahmen zu verbessern, wird auf dem Internetsite des Komitees für Verkehrssicherheit eine Frankreichkarte mit den Standorten aller automatischen Radars und ihrer Einnahmen sowie die Zahl der Unfälle und Opfer auf dem jeweiligen Straßenabschnitt veröffentlicht.

Der Regierungschef hat weitere Maßnahmen bekanntgegeben, die ebenfalls die Zahl und Schwere der Unfälle senken sollen. So wird gegen jeden Fahrer, bei dem mehr als 0,8 Promille Alkohol oder Rauschgift festgestellt werden, nicht nur ein Strafverfahren eingeleitet, sondern sein Auto abgeschleppt und für mindestens sieben Tage stillgelegt. Autofahrer, die zum zweiten Mal mit Alkohol am Steuer ertappt werden, erhalten ihren Führerschein erst zurück, wenn sie ihr Auto mit einer den Anlasser blockierenden Atemkontrolleinrichtung ausgestattet haben. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie sich wegen ihres Alkoholmissbrauchs in ärztlicher Behandlung befinden.

Als besonders gefährlich bezeichnete der Premier das Problem der Handynutzung während der Fahrt. Laut Experten gehört das bei mindestens einem Drittel aller Unfälle zu den Ursachen. Daher wird sich künftig bei jedem von der Polizei festgestellten Verkehrsdelikt - selbst wenn nur bei Spurwechsel das Blinken vergessen wird - die Strafe automatisch verdoppelt, wenn der Fahrer sein Mobiltelefon in der Hand hatte. Darüber hinaus wird in diesen Fällen der Führerschein für eine je nach Schwere des Verstoßes gestaffelte Frist zwischen sieben Tagen und sechs Monaten eingezogen. Ab 2021 erhält jeder Fahrer, der mit einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h ertappt wird, den eingezogenen Führerschein erst zurück, wenn er sein Fahrzeug mit einer Einrichtung hat nachrüsten lassen, mit der man die jeweils erlaubte Höchstgeschwindigkeit einstellen kann und die bei jeder Überschreitung Alarm schlägt.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.