Wie ein Ratenkauf teuer zu stehen kommt
Kredite und Restschuldversicherungen
Kaufen auf Pump war schon immer etwas teurer. Doch in Zeiten niedrigster Zinsen ist die Versuchung dennoch groß. Auch für Banken. Denn die Kreditinstitute suchen händeringend nach neuen Einnahmequellen.
Eine Möglichkeit, die von Banken und Sparkassen gerne genutzt wird, sind Koppelgeschäfte. So wird mit dem Verkauf eines Kredits gleich noch eine Versicherungspolice obendrauf verscherbelt: Zwei von drei Ratenkrediten werden mit einem Zusatzvertrag »gekoppelt«, einer Restschuldversicherung. Weit mehr als zwei Millionen solcher Verträge sind nach einer Schätzung der Finanzaufsicht Bafin bundesweit im Umlauf.
Wer hat einen Nutzen?
Eine Restschuldversicherung springt im Notfall ein, etwa, wenn der Kunde arbeitslos wird und seine Raten nicht mehr bezahlen kann. Auch im Todesfall hilft eine Restschuldversicherung den Hinterbliebenen, Schulden zu begleichen. Eine solche Absicherung kann also durchaus zweckmäßig für Verbraucher sein. Doch selbstverständlich gibt es sie nicht umsonst. Umgerechnet in Zins und Zinseszins kann sich durch eine Police der effektive Zins, den Sie für einen Kredit bezahlen, verdoppeln.
Für die Bank dient die Restschuldversicherung als zusätzliche Sicherheit. Auch das kann zweckmäßig sein. Dadurch kann sogar der Preis eines Kredites, der Zinssatz, sinken. Allerdings dient die Restschuldversicherung der Kreditwirtschaft häufig nur als zusätzliche Gewinnquelle. Erträge aus einer solchen Police können durchaus üppig sein. Mancher Bankberater drängt daher seine Kunden geschickt zu einem Abschluss - selbst wenn die Police bei einer neutralen Betrachtung gar nicht nötig wäre.
Eine Untersuchung der Bundesfinanzaufsicht Bafin zeigt den Wildwuchs beim Verkauf von Restschuldversicherungen. Danach koppelt jedes dritte Institut Verbraucherdarlehensverträge regelmäßig mit einer Restschuldversicherung.
Von der Provision, die der Kunde wie für jeden Versicherungsvertrag zahlen muss, behalten Banken bis zu 70 Prozent für sich. Nur der Rest geht an das Versicherungsunternehmen, das die eigentliche Leistung erbringt. Insgesamt belegt die Bafin-Untersuchung erhebliche Lücken und Mängel bei den Informations- und Beratungspflichten von Kreditinstituten.
Ist die Restschuldversicherung ein Muss?
»Bei Verbrauchern entsteht zu oft der Eindruck, dass ein Darlehensvertrag an den Abschluss einer Restschuldversicherung geknüpft ist«, weiß Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), aus der Praxis. Außerdem fehle ein eindeutiges Preisschild, welches den Preis für Kredit und Restschuldversicherung klar ausweist.
Leider veröffentlichte die Bafin ihre Ergebnisse denkbar spät für die bereits laufenden parlamentarischen Verhandlungen. Die EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie muss bis Februar 2018 in deutsches Recht umgesetzt werden. Ende Juni 2017 verabschiedete daher der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition einen Kompromiss. Eine zeitliche Entkoppelung von Ratenkredit und Versicherungsvertrag, wie es Linke, Grüne und Verbraucherschützer fordern, wurde ebenso wenig beschlossen wie ein Totalverbot.
Konsum auf Pump in Mode
Seit 2015 wuchs die Summe, die Banken als Ratenkredit verliehen haben, laut Bundesbank um fast 20 Milliarden Euro. Ratenkredite heißen auch Konsumentenkredit, Anschaffungsdarlehen oder Verbraucherdarlehen.
Grundsätzlich unterscheiden Banken zwischen bonitätsunabhängigen und bonitätsabhängigen Konditionen. Bonitätsunabhängig bedeutet, für alle kreditwürdigen Kunden gilt der gleiche Zins. Bei bonitätsabhängigen Angeboten legt die Bank den Zinssatz individuell für den Kunden fest: Je besser dessen Bonität ist, desto günstiger wird das Darlehen. Eine aktuelle Übersicht mit Zinssätzen bietet die Stiftung Warentest auf ihrer Internetseite (kostet 2 Euro).
Beim Abschluss eines Ratenkredits profitieren Sie von neuen Spielregeln. Künftig müssen Versicherungsnehmer nicht nur bei Vertragsabschluss, sondern losgelöst von der Verkaufssituation zusätzlich eine Woche später(!) erneut über ihr Widerrufsrecht belehrt werden. Die Bank muss dem Kunden das Produktinfoblatt mit allen wichtigen Informationen übermitteln, insbesondere mit den Kosten der Restschuldversicherung.
Ganz wichtig: Enthalten sein muss auch der Hinweis, dass der Abschluss der Versicherung freiwillig und nicht an den Kredit gekoppelt ist! Die Praxiserfahrungen mit dieser Regelung sollen 2020 ausgewertet werden, um zu sehen, ob die Veränderungen greifen oder das Gesetz nachgebessert werden muss.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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