Weniger K+S-Abwässer in die Werra
Seit Jahren ruhen in der Werraregion große Hoffnungen auf einem technischen Wunderwerk, das in der Fachsprache einen unaussprechlichen Namen trägt: Kainitkristallisations- und Flotationsanlage. Gut, dass es dafür eine Abkürzung gibt: KKF.
Ob sich in den nächsten Monaten und Jahren die Hoffnungen erfüllen werden, muss sich nun zeigen. Der Düngemittelkonzern K+S hat am Mittwoch im osthessischen Hattorf im Grenzgebiet zu Thüringen diese KKF-Anlage in Betrieb genommen. Nur wenn die Technik reibungslos funktioniert, kann der Masterplan »Salzreduzierung« umgesetzt werden, der zwischen K+S und den Bundesländern vereinbart worden ist, durch deren Territorium Werra und Weser fließen. Die Anlage ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Plans.
Nicht zufällig nennt Thüringens Umweltstaatssekretär Olaf Möller (Grüne) die Inbetriebnahme der Anlage durch das börsennotierte Großunternehmen »einen Meilenstein auf dem Weg zu besserem Wasser in Werra und Weser«. Auch der frühere Vorstandsvorsitzende von K+S, Norbert Steiner, hatte erklärt, mit der Anlage werde die Grundlage dafür geschaffen, dass auch in den kommenden Jahrzehnten im hessisch-thüringischen Kalirevier noch Bergbau betrieben werden könne. Derzeit hängen dort mehr als 4000 Arbeitsplätze am Bergbau; Jobs, die aus Sicht von Naturschützern in der Vergangenheit nur deshalb sicher waren, weil dafür die Umwelt missbraucht wurde.
Die Grundidee der 165 Millionen Euro teuren Anlage ist eigentlich simpel, auch wenn die Umsetzung Jahre gedauert hat. Mit ihr sollen etwa 20 Prozent der durch die Kaliproduktion entstehenden salzhaltigen Abwässer nicht länger im Untergrund versenkt oder in die Werra gekippt werden. Letzterer Entsorgungsweg war für das Unternehmen zuletzt ohnehin mit Risiken verbunden, weil in Niedrigwasserphasen weniger Abwasser eingeleitet werden konnte, wodurch die Produktion teilweise gedrosselt werden musste.
Stattdessen soll die KKF-Anlage in Hattorf 1,5 Millionen von insgesamt sieben Millionen Kubikmetern Abwasser jährlich nun aufbereiten. So werden nach K+S-Angaben die Produktionsabwässer zunächst verdampft. Aus den übrig bleibenden Stoffen werden dann Kaliumchlorid und Magnesiumsulfat herausgefiltert - chemische Verbindungen, die das Unternehmen verkaufen kann. Insgesamt 260 000 Tonnen verkaufsfähige Stoffe pro Jahr will K+S so aus dem Abwasser holen.
Die Inbetriebnahme der Anlage ist für das Unternehmen auch deshalb so wichtig, weil es K+S so tatsächlich gelingen kann, seinen in den vergangenen Jahren arg in Mitleidenschaft gezogenen Ruf wieder etwas aufzubessern. Auch wenn viele Menschen im Werra-Revier selbst fest zum Unternehmen standen: Jenseits der Bergwerke, wo der Dreck aus der Produktion ankommt, war die Kritik an dem Düngemittelhersteller in den vergangenen Jahren lauter und lauter geworden - von Seiten der Kommunen, der Landespolitik, von Umweltschützern und Anwohnern. Erst im Dezember hatte K+S einen Etappensieg erreicht, als sich das Unternehmen mit der Gemeinde Gerstungen im Streit um die Trinkwasserqualität auf einen außergerichtlichen Vergleich einigte. Mit der Inbetriebnahme der unaussprechlichen Anlage folgt nun also eine weitere positive Nachricht für das Unternehmen.
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