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Zwischen Vernunft und Erfolg
Während die UEFA die Bundesligisten lobt, fordert die DFL noch mehr Kommerzialisierung
Es ist kein Geheimnis, dass die deutschen Fußballklubs im Vergleich zur europäischen Konkurrenz vernünftig wirtschaften. Die aktuellen Zahlen der UEFA, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, belegen das. Ein einfacher Vergleich: Im Jahr 2016 hatten die Bundesligisten durchschnittlich 5,5 Millionen Euro Schulden, die englischen Erstligavereine hingegen 76,3 Millionen Euro. Etwas komplizierter wird es bei einer wichtigen wirtschaftlichen Kennzahl: Der Nettoverschuldungsgrad der Bundesliga lag bei vier Prozent. 20 Prozent waren es in Spaniens erster Liga, 31 in England, 38 in Frankreich und 63 (!) in Italien.
Christian Seifert wäre kein guter Geschäftsmann, wenn er nicht wüsste, dass der Nettoverschuldungsgrad das Verhältnis zwischen Nettoverschuldung (Schulden abzüglich liquider und kurzfristig liquidierbarer Mittel) und Ertragskraft eines Unternehmens ist. Und er wäre ein ungeeigneter Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, wenn er die Zahlen des europäischen Verbandes nicht schon länger kennen würde. Aber statt die Vernunft zu loben, kritisierte er am Dienstag auf dem Neujahrsempfang der DFL die Bundesligaklubs. »Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir uns in einem gewissen Maß zum Kommerz bekennen«, forderte er.
Als Anlass nahm der 48-Jährige, der seit 13 Jahren die Geschäfte der DFL führt, die Erfolgslosigkeit der Bundesligisten in den europäischen Wettbewerben. 2017 nennt er »ein verlorenes Jahr«. In der Champions League sind mit RB Leipzig und Borussia Dortmund zwei von drei Vereinen in der Gruppenphase auf der Strecke geblieben, nur der FC Bayern schaffte es ins Achtelfinale. Hoffenheim scheiterte schon in der Qualifikation und verpasste in der Europa League dann ebenso wie Hertha BSC und der 1. FC Köln die Zwischenrunde.
Seiferts Argumentation ist undifferenziert: »Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas. Der DFB ist der größte Fußballverband der Welt. Wir sind Weltmeister«, meint er und schlussfolgert, dass auch für die Bundesliga nur der Anspruch Weltklasse infrage komme. Dabei ignoriert er nicht nur Widersprüche und Zusammenhänge zwischen erfolgreichen Nationalteams und Vereinen, siehe England. Er geht auch nicht auf die Gründe der gerade akuten Schwächephase der deutschen Klubs ein. Auch da spielen viele und von Verein zu Verein unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Seifert kennt nur einen: Geld! Geld, das die Bundesligisten im Vergleich zur Konkurrenz nicht haben. Warum? Weil laut Seifert in Deutschland lieber »Schicksalsfragen« wie die Regionalligareform diskutiert werden, anstatt Voraussetzungen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen - also die Kommerzialisierung voranzutreiben.
Was wohl Fans von Borussia Dortmund dazu sagen? Ihr Verein ist an der Börse notiert, laut Klubchef Hans-Joachim Watzke »ganz konservativ gerechnet eine Milliarde Euro wert«, macht einen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro und bezahlt einem Unruhestifter wie Pierre-Emerick Aubameyang ein fast zweistelliges Millionengehalt. Die Fans verstehen zu Recht nicht, warum ihr Team in der Champions League gegen APOEL Nikosia nicht gewinnen konnte. Wirtschaftliche Gründe hat das aber nicht. Ärger und Frust waren sicher auch ihre spontanen Reaktionen, als der BVB nur knapp gegen Real Madrid und Tottenham verloren hatte.
Wenn Dortmunder Fans überlegt handeln, dann beschließen sie beispielsweise einen Boykott des Auswärtsspiels Ende Februar in Augsburg. Warum? Es ist ein Montagsspiel. Zum Anstoß um 20.30 Uhr schafft es keiner, wenn er vorher noch arbeiten muss. Die Zerstückelung der Spieltage ist Folge der neuen Fernsehverträge. Die bringen mehr Geld. Und sie ist einer der Kritikpunkte der bundesweiten Stadionproteste dieser Saison. Während sich der Deutsche Fußball-Bund gerade bemüht, die Gräben zwischen Verbänden und Fans zu überbrücken, reißt die DFL sie weiter auf. Und wenn Seifert ein »schlichtes Weiter so« der Vereine nicht akzeptieren will, ruft er sie zu verantwortungslosem Handeln auf.
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