Paritätische: Familiennachzug ist ein Menschenrecht

Wohlfahrtsverband: Angehörige warten teilweise schon seit zwei Jahren / Union will geltende Aussetzung bis Ende Juli verlängern

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Berlin. Mit Blick auf die am Freitag stattfindenden Beratungen zum Familiennachzug appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Abgeordneten des Bundestags, keiner weiteren Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte zuzustimmen.

Es sei ein Gebot humanitärer Verantwortung, die Regelung zur Beschränkung des Familiennachzugs nicht zu verlängern, mahnte der Paritätische. Der Schutz der Familieneinheit sei ein Menschenrecht, das es zu achten gilt. Die Aussetzung des Rechtes auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte stelle »eine erhebliche Belastung der Betroffenen dar, behindere ihre Integration« und dürfe auf keinen Fall über März 2018 hinaus verlängert werden.

»Hier wird der unverfrorene Versuch unternommen, noch vor einer Regierungsbildung im Sinne einer Fortsetzung der GroKo Fakten zu schaffen. Es kann nicht sein, dass parteitaktische Spielchen auf dem Rücken der hier lebenden Flüchtlinge und ihrer Familien ausgetragen und Grundrechte mit Füßen getreten werden«, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Der Paritätische appellierte an die Abgeordneten Bundestags, einer Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs nicht zuzustimmen. »Es gibt ein Gesetz, das regelt, dass diese unsägliche Beschränkung des Familiennachzugs Ende März ein Ende hat. Und daran sollten sich nun auch alle halten«, so Schneider. Viele Familien warteten seit mittlerweile über zwei Jahren darauf, ihre Angehörigen wiederzusehen und hätten auf die Verlässlichkeit des deutschen Rechts vertraut.

Union will Stopp für Familiennachzug bis Ende Juli

Die Union bekräftigte ihrerseits, den Familiennachzug für Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus für weitere viereinhalb Monate aussetzen zu wollen. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf von CDU und CSU berät der Bundestag am Freitag. Er sieht vor, dass die ursprünglich bis zum 16. März geltende zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs für diese Gruppe bis zum 31. Juli verlängert wird.

Die Union will damit verhindern, dass der im März 2016 beschlossene Stopp für den Familiennachzug zu subsidiär Geschützten endet, bevor eine neue Regelung greift, die das Ergebnis von Koalitionsgesprächen mit der SPD sein könnte. Bis auf die SPD legen in den kommenden Tagen alle Bundestagsfraktionen Anträge zum Familiennachzug vor.

CDU, CSU und SPD hatten sich bei ihrer Sondierung darauf verständigt, den Familiennachzug für subsidiär Geschützte künftig wieder zu erlauben. Allerdings sollen pro Monat nicht mehr als 1000 Angehörige nach Deutschland kommen dürfen. Betroffen sind vor allem Kinder und Ehepartner von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien.

FDP, Grüne und AfD stellen diese Woche im Bundestag eigene Vorschläge zum Familiennachzug zur Diskussion. Über den AfD-Antrag wird am Donnerstag zuerst beraten. Die anderen Anträge stehen für Freitag auf der Tagesordnung. Die AfD will den Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen ganz abschaffen. Die FDP will die Aussetzung um zwei Jahre verlängern. In begründeten humanitären Härtefällen sollen Angehörige aber weiterhin kommen dürfen. Langfristig will die FDP auch diese Frage in einem Einwanderungsgesetzbuch geregelt sehen.

Die Grünen wollen den Familiennachzug für Flüchtlinge dagegen ohne Einschränkungen erlauben. Die gleiche Stoßrichtung hat ein Gesetzentwurf der Linkspartei, der ebenfalls demnächst debattiert werden soll. Die Linke sagt: »Angesichts aktueller Überlegungen einzelner Parteien, den Familiennachzug weiter auszusetzen, benötigen die Betroffenen ein schnelles positives Signal des Bundestages.«

Ähnlich argumentiert die Flüchtlingsrechtsorganisation Pro Asyl. Ihr Geschäftsführer Günter Burkhardt erklärte am Mittwoch, bei der von der Union angestrebten Übergangsregelung blieben Rechtsstaatlichkeit und Humanität auf der Strecke. »Der potenzielle Koalitionspartner SPD wird vorgeführt, noch bevor möglichen Koalitionsverhandlungen zugestimmt wurde«, kritisierte Burkhardt. Sollten sich die SPD-Delegierten beim Sonderparteitag am Sonntag für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit CDU und CSU aussprechen, könnte es sein, dass die SPD-Fraktion am Tag der Abstimmung den Vorstoß der Union für eine Übergangsregelung unterstützt. Agenturen/nd

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