Gisdol geht, Hollerbach kommt
Trainerwechsel beim HSV nach dem 0:2 gegen Köln
Der beurlaubte Trainer Markus Gisdol war gerade mit feuchten Augen vom Parkplatz gefahren, da stand sein Nachfolger beim wankenden Hamburger SV schon fest. »Wir wissen bereits, wer Trainer wird«, sagte der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen am Sonntag. In den Tagen vor der Pleite gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln (0:2) hatte der Vorstand den »Plan B« vorbereitet und mit dem neuen Mann telefoniert. »Unser Ziel war bis zuletzt, den Trainer nicht zu wechseln«, stellte Bruchhagen aber klar.
Neuer Trainer ist ein alter Bekannter. Bernd Hollerbach wurde am Sonntag als Chefcoach verpflichtet. Der 48-Jährige trainierte bis zum Sommer 2017 den Zweitligaabsteiger Würzburger Kickers, die er zuvor aus der 3. Liga zum Aufstieg geführt hatte. Hollerbach verfügt über das HSV-Gen. Er war von 1996 bis 2004 beinharter Verteidiger bei den Hamburgern, durchlief später als Co-Trainer die Felix-Magath-Schule.
Bruchhagen betonte noch am Sonnabend, dass der neue Trainer mit Sportchef Jens Todt auch über Transfers reden könne. Investor Klaus-Michael Kühne sei in den Trainerwechsel zwar nicht involviert gewesen, aber »komplett informiert« worden. Das könnte heißen: Kühne öffnet wieder die Schatulle. »Wir glauben, dass neue Impulse zwingend notwendig sind, um den Klassenerhalt zu erreichen«, erläuterte Bruchhagen.
Gezeichnet und ergriffen nahm Vorsaisonretter Gisdol Abschied von seiner Mannschaft und seiner Arbeitsstätte der vergangenen 17 Monate. »Ich hätte gerne weitergemacht. Aber jetzt will ich erst mal heim.« Die Assistenztrainer Frank Fröhling und Frank Kaspari mussten ebenfalls gehen.
Der Dauerkrisenklub HSV ist im Sturzflug Richtung Zweite Liga. Das ist nicht Pech, sondern hausgemacht. 15 Tore und 15 Punkte in 19 Spielen sind ein erschreckendes Zeugnis. So wenige Zähler waren es nicht mal im Relegationsjahr 2014 und in der Katastrophensaison 2016/17 nach 19 Spielen. Gisdol hatte zwar eine Spielidee, konnte sie bei dem wild und ziellos zusammengekauften Kader aber nie durchsetzen. Er hat gewarnt, Verstärkungen gefordert. aber nicht bekommen. Sportchef Todt steht ebenso am Pranger. »Die Situation hat sich deutlich verschlimmert«, gestand er.
In den Jahren von Abstiegskampf und Niveauverfall seit 2013 wurden gut 120 Millionen Euro für meist falsche Transfers verbrannt. Sechs Trainer mit unterschiedlichen Spielideen mühten sich mehr schlecht als recht, vier Sportchefs bastelten ziellos am Mannschaftsgefüge. Die Schulden haben mit 105,5 Millionen Euro einen Höchststand erreicht. Ein Gang in Liga zwei mit deutlich geringeren Einnahmen würde die Misere noch verschärfen, wenn nicht sogar die Existenz bedrohen.
Die Fans sind genervt und wenden sich zunehmend ab. Mit einer 30-minütigen Blockade der Stadionzufahrt verschafften sie sich nach der Niederlage gegen Köln Luft. Mit Neid blicken die Verantwortlichen zum Gegner. Dessen neuer Sportchef Armin Veh gelang im Winter mit der Verpflichtung von Simon Terodde ein hoffnungsvoller Transfer: Der Torjäger erzielte beide Treffer gegen den HSV. dpa/nd
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