»Taiwan gehört zu China«
In China werden Unternehmen denunziert, die nicht der offiziellen Wortwahl folgen
Die Liste wird länger: Anfang der Woche erklärte die australische Fluggesellschaft Qantas, dass Taiwan und Hongkong auf der Firmenwebseite nicht mehr als eigenständige Länder, sondern, dem offiziellen chinesischen Verständnis folgend, als chinesische Territorien aufgeführt werden. Qantas ist eine von 24 ausländischen Airlines, deren Webseiten laut chinesischen Medien diese fehlerhaften Anzeigen enthielten. Daher verlangte die chinesische Luftfahrtbehörde von allen, die Angaben dem offiziellen Sprachgebrauch anzupassen.
Qantas ist nur das jüngste Beispiel in einem für Außenstehende eher skurril erscheinenden, für Peking allerdings hochemotionalen, Fall von Wortklauberei. Vorige Woche musste sich Delta Airlines entschuldigen, da ihre Webseite Taiwan und Tibet als eigenständige Länder nannte. Ebenfalls betroffen waren unter anderem die Modemarke Zara und die Luxusmarke Chanel. Die Marriott-Hotels in China mussten sich wie die anderen Firmen nicht nur entschuldigen, ihnen stellten chinesische Behörden die chinesische Webseite und eine App ab. Der einwöchige Blackout führte umgehend zu Buchungseinbußen.
Am Wochenende erklärte China Daily: »Ausländische Unternehmen sollten wissen, dass das chinesische Volk besonders sensibel ist, was den Status von Tibet, Hongkong, Macau und Taiwan angeht, die alle zu China gehören«. Die falsche Bezeichnung sei ein »schrecklicher Fehler«. Die um nationalistische Töne nicht verlegene Global Times erklärte, dass diese Fälle die »Vorurteile, Ignoranz und fehlende Sensibilität« ausländischer Firmen zeigten.
Dabei übernahmen die staatlichen Medien das Thema zunächst aus den Sozialen Medien. Nachdem ein Internetnutzer sich über die falsche Länderbezeichnung im Menü der Marriott-Seite bei der Hotelgesellschaft beschwerte und diese angeblich nicht reagierte, postete er seinen Ärger online. Seine Nachricht wurde Zigtausend Mal kommentiert und brachte so wohl die Wutwelle ins Rollen.
Dass auch in China die Sozialen Medien oftmals alles andere als sozial sind, ist schon länger bekannt. Das Phänomen heißt »Menschenfleisch-Suche« und geht so: irgendjemand beschwert sich über irgendwen - berechtigt oder unberechtigt - online und je nach Thema tragen Internetnutzer alle möglichen, auch private, Daten der Person zusammen. Teilweise wurden so korrupte Kader zur Strecke gebracht und die »Menschenfleisch-Suche« diente in diesen Fällen der Verteidigung Einzelner gegen die Arroganz der Macht. Oftmals allerdings geht es schlicht um die Verfolgung und Denunziation Einzelner am Internetpranger.
Dramatisch sind die Auswirkungen für die multinationalen Konzerne in China nicht, aber in der Unternehmenskommunikation der betroffenen Konzerne möchte man derzeit nicht arbeiten: Kaum hat man sich beim chinesischen Volk entschuldigt, die betroffenen Gebiete als integralen Bestandteil der Volksrepublik anerkannt und sich gegen jede Form politischer Separationsbestrebungen ausgesprochen, bricht der Social Media-Sturm daheim los, wo kritisiert wird, gegenüber Peking einzuknicken, nur um die Geschäfte auf dem chinesischen Markt nicht zu gefährden.
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