Expeditionen in die Tiefe der Müritz
Mecklenburg-Vorpommern: Unterwasserwelt soll 2018 besser erforscht werden
Die Unterwasserwelt der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern - des nach dem Bodensee größten Binnengewässers Deutschlands - ist noch zu wenig erforscht. Deshalb soll es 2018 wieder eine mehrtägige Expedition mit dem Forschungsschiff Aldebaran und Naturschutztauchern geben, wie der Leiter des Müritz-Nationalparks, Ulrich Meßner, der Schiffsbetreiber Frank Schweikert und die Müritzeum-Leiterin Andrea Nagel in Waren erklärten. Taucher hatten bei der ersten Erkundung im September 2017 Wasserpflanzen entdeckt, deren Vorkommen in der Müritz bisher nicht bekannt war. Ergebnisse der Erkundungen wurden in der vergangenen Woche im Natur-Infozentrum Müritzeum vorgestellt.
»Es handelt sich um die Zerbrechliche Armleuchteralge, die es auch im Bodensee gibt, das Haarblättrige Laichkraut und den besonders seltenen Herbst-Wasserstern«, sagte Naturschutztaucherin Silke Oldorff. Eine vielfältige Pflanzenwelt unter Wasser sei Bedingung für eine vielfältige Fischwelt. Die Fische bräuchten eine Art Grundrasen aus bestimmen Algen zum Verstecken. »Wenn wir unsere Seen verstehen wollen, müssen wir unter Wasser mehr wissen«, erklärte Oldorff, die den Nachbar-Naturpark Stechlin-Ruppiner Land leitet. Zeichen für gute Qualität des Müritzwassers seien neben den Armleuchteralgen auch das Vorkommen des besonders geschützten kleinen Steinbeißers.
Die Naturschutztaucher waren vom Westufer der Müritz und dann vom Forschungsschiff aus in das »Kleine Meer« getaucht - wie die Müritz auch genannt wird. Der See ist rund 30 Kilometer lang, hat mehr als 100 Qua-dratkilometer Wasserfläche und dient auch als Wasserreservoir für die Müritz-Havel-Wasserstraße nach Berlin und die Müritz-Elde-Wasserstraße nach Westen und Schwerin. Tausende Touristen erholen sich im Sommer an dem See, von dem ein schmaler Streifen am flachen Ostufer zum Müritz-Nationalpark gehört.
Oldorff sieht vor allem bei Sporttauchern Hilfsmöglichkeiten in der Forschung, wenn sich diese zu Naturschutztauchern ausbilden lassen. Die Interessen seien gleich: Beide wollten saubere Gewässer und eine große Artenvielfalt. Die meisten Taucher kennen auch Wasserpflanzen. »Von bundesweit 140 Wasserpflanzenarten muss man mindestens vier - die wichtigsten ›Störanzeiger‹ - kennen.« Seien etwa zu viel Raues Hornblatt und Kammlaichkraut in einem See, sei das ein Alarmzeichen.
In der Müritz sieht es aber besser aus, auch vielfältiger als im Schweriner See. Oldorff und ihre Tauchfreunde haben im »Kleinen Meer« Pflanzen und Tiere fotografiert und untersucht. Von etwa 50 bekannten Müritz-Pflanzenarten habe man in kurzer Zeit 20 gefunden, das sei viel. Der große See habe viele unterschiedliche Lebensräume.
Sorgen bereiten Nationalparkleiter Meßner und der Taucherin unter anderem die massenhaft eingewanderte Quagga-Dreikantmuschel. Wie andere invasive Arten gelangte die Muschel vor Jahren aus dem Schwarzen Meer nach Mittel- und Westeuropa. »Ursache sind Kanäle wie der Main-Donau-Kanal, die Lebensräume verbinden, die früher getrennt waren«, sagte Meßner.
Die massenhaft auftretende Art verdränge heimische Muschelarten, filtere aber auch gigantische Mengen an Schwebstoffen und Plankton aus dem Wasser, sodass die Seen noch klarer werden. Das gefalle vor allem Fischern nicht. Exaktere Aussagen erhoffen sich die Expeditionsveranstalter im März. Dann wollen die Forscher der Freien Universität Berlin und eines Instituts für Gewässerökologie ihre Analysen und Schlussfolgerungen vom Herbst 2017 vorstellen.
Doch Naturschutztaucher fotografieren natürlich auch Fische. So sei es nicht schwer, Hechte zu fotografieren, lautet Oldorffs Erfahrung. »Der Raubfisch hat keine Feinde und bleibt ganz ruhig, solange er genug Deckung hat.« Aale seien anders. Die buddelten sich im Sand ein und zischten, wenn sie gestört würden. Und junge Müritzbarsche? »Die kommen gleich an und sind neugierig wie junge Hunde.« dpa/nd
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