Für eine Verurteilung muss die Beweislage eindeutig sein
Verkehrsrecht
Welche Sünden im Straßenverkehr sind am gefährlichsten, welche kommen Autofahrer am teuersten zu stehen?
Am risikoreichsten - und somit auch teuersten - sind immer Straftaten wie Nötigung, Gefährdung des Straßenverkehrs und Alkohol oder Drogen am Steuer. Eine Straftat wird im Gegensatz zur Ordnungswidrigkeit nicht mit einem Bußgeld, sondern mit einer Geldstrafe in Form von Tagessätzen geahndet. Die Tagessatzhöhe richtet sich nach dem Nettoeinkommen, das der Beschuldigte durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte.
Wann handelt es sich um eine Straftat, wann um eine Ordnungswidrigkeit?
Eine Straftat ist allgemein eine Handlung, die gegen das Gesetz verstößt. Dabei muss die Handlung im StGB oder in einem anderen Gesetz als verbotene Handlung beschrieben werden. Straftaten im Straßenverkehr finden auf öffentlichem Verkehrsgrund statt und gefährden die Sicherheit im Straßenverkehr. Bei einer Straftat wird ein Strafverfahren, bei einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Um ein Beispiel zu nennen: Bei einer Alkoholfahrt hängt die Entscheidung davon ab, wie viel Promille beim Fahrer festgestellt werden und wie auffällig das Fahrverhalten ist. So gilt ein Wert von 0,5 bis 1,09 Promille als Ordnungswidrigkeit, wenn keine Fahrauffälligkeit dazukommt. Aber schon ab einem Blutalkoholwert von 0,3 Promille kommt bei alkoholbedingten Ausfallerscheinungen (Unfall, Schlangenlinien) eine Straftat in Betracht. Ab 1,1 Promille handelt es sich immer um eine Straftat nach Paragraf 316, StGB. Bei einer Ordnungswidrigkeit werden beim ersten Verstoß 500 Euro, beim zweiten 1000 Euro und beim dritten 1500 Euro Bußgeld fällig. Hinzu kommen zwei Strafpunkte und ein Fahrverbot bis zu drei Monaten.
Oder illegale Autorennen. Sie galten bislang als Ordnungswidrigkeit, aber der Bundestag hat im Vorjahr beschlossen, dass sie zukünftig Straftaten darstellen. Veranstalter und Teilnehmer können dann mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe belangt werden.
Welche Strafen drohen bei anderen Verkehrssünden?
Wer beispielsweise in einer geschlossenen Ortschaft mehr als 70 km/h zu schnell fährt, dem drohen 680 Euro Bußgeld, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot. Bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß - sprich, wenn die Ampel bereits länger als eine Sekunde rot war - kommen 200 Euro und zwei Punkte sowie ein Monat Fahrverbot auf den Fahrer zu. Wurden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, erhöht sich das Bußgeld auf 320 Euro, bei Sachbeschädigung auf 360 Euro. Wer bei geschlossener Schranke einen Bahnübergang befährt, muss mit 700 Euro, zwei Punkten und drei Monaten Fahrverbot rechnen.
Die meisten Mandanten kommen zu uns, weil ihnen eine Geschwindigkeitsüberschreitung, das Nutzen eines Handys am Steuer, Unfallflucht oder Fahren unter Alkoholeinfluss vorgeworfen wird - und das in dieser Reihenfolge.
Wie können Verkehrsanwälte bei Unfallflucht helfen?
Unfallflucht wird in Deutschland besonders hart geahndet. Es gibt aber auch immer wieder Fälle, in denen der Vorwurf nicht gerechtfertigt ist oder nicht nachgewiesen werden kann. Für eine Verurteilung muss die Beweislage eindeutig sein. Dies ist oft nicht der Fall. Häufig wird eine Wahllichtbildvorlage eingesetzt, wenn der Halter des flüchtigen Fahrzeugs nicht zugibt, dass er vor Ort war. Der Zeuge soll dann meist anhand von Fotos versuchen, den Halter als den Flüchtigen zu identifizieren. Das gelingt meistens nicht, zumal die Personen auf den Vergleichsfotos ähnlich aussehen müssen. Auch wenn sich der Zeuge das Nummernschild merkt, ist das nicht ausreichend, denn es bleibt unklar, wer am Steuer saß. Der Fahrer muss verlässlich festgestellt werden, man kann nicht einfach den Halter verurteilen. Ähnlich erfolgreich ist die Verteidigung, wenn bei Geschwindigkeitsverstößen ein Fahrverbot droht. Dieses kann durch eine höhere Geldbuße oder gute Argumente in vielen Fällen umgangen werden.
Die Autorin ist Inhaberin der Kanzlei Mielchen & Coll. in Hamburg und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Sie gehört dem Gesetzgebungsausschuss Verkehrsrecht sowie der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht an.
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